Alle sprechen über nachhaltiges Handeln, aber was versteht man eigentlich darunter? Und ist überhaupt noch Zeit, etwas zu verändern? Unternehmen sind nun gefordert, ESG in ihre Strategie zu integrieren. Aber was genau ist eine nachhaltige Supply Chain und wer definiert, mit welchen Maßnahmen wir die Dekarbonisierung erreichen können? Unsere Expert:innen beleuchten diese und viele weitere Fragen in unserer Podcast Staffel rund um Sustainability & Climate. Natürlich geben wir dabei auch Einblicke in die Arbeit unserer Teams, den Qualifikationen und den Karriereperspektiven bei Deloitte im Kontext Nachhaltigkeit.
In der letzten Folge unserer Podcast-Staffel rund um Nachhaltigkeit blickt Lydia zurück auf die vergangenen Folgen und zieht ein Fazit. Sie ist Geschäftsführerin der Deloitte Sustainability & Climate GmbH und hat einen guten Überblick über die verschiedenen Handlungsmöglichkeiten. Worauf kommt es also jetzt an? Welche Maßnahmen sind erfolgversprechend? Und was sollten Talente mitbringen, wenn sie mit uns gemeinsam die grüne Transformation voran bringen wollen?
Re:Future. Re:Economy - Was hat den größten Impact für den Klimaschutz?
Intro: You Got Mail von Lydia Eckhard, Director und Geschäftsführerin der Deloitte Sustainability and Climate GmbH. Betreff: Wie kommen wir am schnellsten voran? Liebe Lydia, Nachhaltigkeit ist ein riesiges Thema.Es gibt so viele Ecken, wo man ansetzen kann, so viel, was man wissen muss.Ich muss sagen, nach acht Folgen dieses Podcasts bin ich um einiges schlauer, aber mir raucht auch ganz schön der Kopf. Kannst du ein bisschen Ordnung für mich in die Sache bringen? Was müssen wir zuerst machen, wenn wir schnell in Sachen Nachhaltigkeit vorankommen wollen?Was hat kurzfristig den meisten Impact? Interviewer:in: Ja, hallo Lydia, herzlich willkommen zur neunten und damit letzten Folge unseres Podcasts „Refuture Re Economy“ mit dem Fokus auf dem Thema Nachhaltigkeit. Lydia: Hallo, schön, dass ich da sein darf. Interviewer:in: Tja, keine einfache Frage, die du da in der Mail bekommen hast. Was bringt schnell den größten Impact? Kann man das überhaupt so einfach sagen? Lydia: Ja, ich glaube, so easy kann man das leider nicht sagen, sonst würden auch alle genau das tun. Wenn wir uns Nachhaltigkeit als Thema anschauen, dann ist es sehr vergleichbar mit dem Thema Digitalisierung.Das ist eine gesamtheitliche Transformation, das heißt ganz, ganz viele Stellhebel, die gedrückt werden müssen, mit denen man sich beschäftigen muss, sei es IT, sei es Reporting, sei es Strategie – all diese Dinge müssen ineinander wirken. Und die müssen auch nicht nur einzeln funktionieren, sondern die müssen gemeinschaftlich funktionieren. Und ich vergleiche das immer gerne mit so einem fünftausend Teilepuzzle, das man zu Hause hat. Wenn man da anfangs drauf guckt, dann ist nur ein ganz, ganz großer Haufen an minimalen Teilen, und es ist wahnsinnig schwierig, sich zurechtzufinden. Dann fängt man eben mal an mit den Randstücken, mit den Ecken, die man raussucht, und manchmal gibt es Auffälligkeiten, wo man sagt, da muss man ganz besonders rein. Jetzt startet man mal mit dem hellblauen Teil rechts oben. Und genauso ist es ein Stück weit auch an der Stelle. Man muss verstehen, wo sind die Leitplanken, wo kann ich rangehen, was sind vielleicht auch besonders wichtige Themen und sich dann Stück für Stück dem Gesamten widmen, um so sicherzustellen, dass man die Transformation dann auch erfolgreich durchziehen kann. Interviewer:in: Welche Maßnahmen hältst du denn für besonders wichtig? Lydia: Aus meiner Sicht gibt es drei elementare Dinge, die an der Stelle zu bedenken sind.Das erste ist zu verstehen, was sind denn eigentlich die regulatorischen Mindestanforderungen, die das absolute „Must“ sind? Das sind die Ecken in dem Puzzleteil, die wir uns angeguckt haben. Die kann ich nicht verschieben. Die sind genau dort, und die muss ich einhalten.Als Zweites muss ich mir dann die Frage stellen: Was ist denn eigentlich mein Ambitionsniveau? Wie weit möchte ich gehen? Greifen wir Mindestanforderungen oder möchte ich der Pionier sein, der die Themen auch entsprechend nach vorne treibt? Wie weit ist denn eigentlich mein Rand des Puzzles? Ist es ein kleines Puzzle, ist es ein großes Puzzle? Wie weit möchte ich an der Stelle gehen?Und am Ende geht es auch darum, das Ganze messbar zu machen, mit Kenngrößen zu hinterlegen – qualitativ und quantitativ – und dort ein ganz genaues Verständnis zum „Was ist denn eigentlich Fortschritt?“, „Wo bin ich erfolgreich?“, „Wie gehe ich damit um?“. Also anzufangen, in dem Puzzle erste Elemente zu bauen und damit auch erste Erfolge sichtbar zu machen und ein Verständnis darüber zu kriegen: Wo soll es denn hingehen und wie sieht denn eigentlich das fertige Puzzle am Ende aus?Wenn wir gucken, was in der Realität ist und in aller Munde ist, man braucht nur die Zeitung aufpacken, dann ist es klassischerweise CO2: Wie viele Emissionen emittiert ein Unternehmen? Sei es Scope 1, Scope 2, Scope 3 – hatten wir auch in den anderen Podcast-Folgen schon ein Stück weit. Es gibt aber auch viel breitere Themen. Was jeder häufig kennt, sind so Dinge wie Frauenquoten, mit denen wir uns beschäftigen können, oder Abfall messen. Ich kann Wasserverbrauch messen. Also ich habe einen ganz breiten Radius an Themen, die ich mir angucken kann, und umso besser ich darin bin, die zu quantifizieren, umso einfacher ist es, die Entscheidung dann zu treffen und auch ein gemeinsames Verständnis in der Organisation zu haben: Was wollen wir denn eigentlich erreichen und wo soll es denn eigentlich hingehen?
Interviewer:in: Die Mail, die du bekommen hast, spielt ja auch auf den zeitlichen Aspekt an: Wir müssen unfassbar schnell vorankommen, wenn wir das 1,5-Grad-Ziel überhaupt noch erreichen wollen. Viel zu lange wurden Maßnahmen verschleppt, besonders in der Wirtschaft.Jetzt gibt es Vorgaben und Regularien und Timelines. Und ja, einige Unternehmen sind, gelinde gesagt, unvorbereitet und überfordert.
Lydia: Was ist mir bei dem ganzen Thema wichtig? Dass man das immer ein Stück weit in Relation setzt. Nachhaltigkeit ist kein Thema, das eben erst in den letzten zwölf Monaten auf dem Tisch lag, sondern wir haben ganz, ganz viele Unternehmen in Deutschland, in Europa, aber auch global, die seit einer wahnsinnig langen Zeit an dem Thema arbeiten, wo es ganz, ganz viele Personen gibt, die da auch intrinsisch motiviert die letzten Jahre Themen vorangetrieben haben. Nichtsdestotrotz ist der Druck auf das ganze Thema natürlich heute so hoch, wie es wahrscheinlich noch nie in der Vergangenheit war. Und ich glaube, es hat jetzt eine ganz große Veränderung gegeben. In der Vergangenheit war Nachhaltigkeit manchmal ein Stück weit esoterisch. Jeder konnte für sich selber definieren: Was ist denn eigentlich Nachhaltigkeit? Was möchte ich reporten? Wie möchte ich damit umgehen?Und wir kommen jetzt in eine Welt, wo wir plötzlich sagen: Es gibt Standardisierung. Jeder muss Nachhaltigkeit gleich definieren, jeder muss dieselben Kenngrößen berichten, jeder muss sich mit identischen Themen beschäftigen, gleiche Methoden anwenden. Das ist ein ganz, ganz großer Shift. Und ich komme ja selber eher aus dem CFO-Advisory aus der Vergangenheit.Wenn man das mal vergleicht, wie lange es gebraucht hat, dass so ein IFRS-Standard sich entwickelt hat, dass es dort die unterschiedlichen Auslegungsfragestellungen gibt, dann wissen wir: Das waren Jahrzehnte, bis diese Standards etabliert wurden und hier sind. Jetzt sind wir in der Position, wo teilweise innerhalb von wenigen Wochen bis Monaten gesagt wird: Das ist der neue Standard. Bitte jetzt einmal umsetzen und genauso nach vorne pushen. Und das zeigt, wieso es für Unternehmen wahnsinnig schwierig ist, da Schritt zu halten, die Themen nach vorne zu bringen. Auf der einen Seite eine super Herausforderung, auf der anderen Seite für ganz, ganz viele aber auch eine Chance und eine Motivation, dieses Thema jetzt anzugehen, weil es erstmalig die Möglichkeit bietet, sich wirklich in diesen Themen zu positionieren, vergleichbar zu machen und eben auch die Stärken zu zeigen, die ganz, ganz viele Unternehmen schon die letzten Jahre nach vorne getrieben haben. Interviewer:in: Wieso haben denn Unternehmen so lange nichts gemacht oder sich so schlecht vorbereitet? Welche Gründe siehst du da? Lydia: Auch da würde ich ein Stück weit betrachten: In welcher Welt leben wir denn momentan und was ist die letzten Jahre auch passiert? Wenn wir das reflektieren, auch im Vergleich zu vielleicht noch vor zehn, 20 Jahren, leben wir heute in einer Welt, die eigentlich von einer Krise nach der anderen geplagt ist. Wir haben Corona hinter uns, wir haben einen Ukraine-Konflikt, der am Laufen ist. Wir haben Lieferketten, die teilweise nicht existent sind. Das heißt, ganz, ganz viele Unternehmen waren die letzten Jahre damit beschäftigt, sicherzustellen, dass sie profitabel agieren und dass es sie in Zukunft auch noch gibt. Und jetzt kommt jemand und sagt: „Bitte macht auch noch Nachhaltigkeit. Wir können euch aber noch nicht wirklich sagen, wie, weil die Standards sind noch nicht fertig. Aber fangt schon mal an und treibt Dinge.“ Das ist ein Stück weit so, wie wenn wir zu Hause sitzen und uns jemand sagt: „Iss bitte gesund. Ich habe aber noch keine Definition, was Obst und Gemüse ist, sondern iss einfach mal gesund. Den Rest erzähle ich dir noch nicht.“ Und das ist einer der Triggerpunkte, wieso wir jetzt eben an so einem Wechsel sind und einer neuen Betrachtung des ganzen Themas. Durch das, dass wir jetzt eben erklären, was bedeutet denn eigentlich gesundes Essen – Obst und Gemüse solltest du essen – kommen wir jetzt auf die Ebene dann auch runter zu sagen: Wir können diesem Thema noch mehr Gewicht schenken und wir können es als Entscheidungsgrundlage wirklich in die Prozesse mit aufnehmen. Interviewer:in: Vielleicht kannst du ja noch mal erklären, woher die Komplexität für Unternehmen kommt? Lydia: Nachhaltigkeit in den vollen Facetten von Environmental, Social und Governance ist total breit. Ob ich mich damit beschäftige, meinen Abfall zu reduzieren, ob ich zirkuläre Geschäftsmodelle einbaue oder ob ich sage, Arbeitssicherheit ist total wichtig – das sind Dinge, die unterschiedlich gehandhabt werden, die anders gesteuert werden und die in Unternehmen in unterschiedlichsten Fachbereichen liegen. Und wir wissen alle, was passiert, wenn wir Projekte haben, wo wir ganz, ganz viele unterschiedliche Stakeholder haben, die alle eigenen Push haben, eigene Incentivierung haben – es wird wahnsinnig komplex. Und deswegen braucht es an der Stelle ganz, ganz viel Attention. Es braucht Top-Down-Steuerung, es braucht Personen, die wirklich sagen: „Wir machen das jetzt fachbereichsübergreifend, wir holen alle entsprechend ins Boot.“ Und das ist ein Prozess.Noch vor 24 Monaten waren die Diskussionen, die ich mit ganz, ganz vielen Unternehmen geführt habe: „Was ist denn überhaupt Nachhaltigkeit und was tun wir da?“Da waren auch diese Skills, die Kompetenzen, dieses Verständnis von „Wie ist eigentlich der Link von dem, was man teilweise schon in den Nachrichten gelesen hat, zum wirklichen täglichen Doing?“ Ja, wie trägt der Mitarbeitende, die Mitarbeitende, die am Produktionsband steht, denn dazu bei, dass wir nachhaltiger sind? Was sind denn die Elemente?Und ich glaube, dass wir immer noch in diesem Prozess der Priorisierung sind und das: „Wie schaffen wir es eigentlich, dass wir 150 verschiedene Themen gleichzeitig betrachten und alle bestmöglich in jede einzelne Unternehmensentscheidung mit reinziehen?“. Und das braucht einfach Zeit, so wie jede Transformation eine Zeit braucht. Wir haben die Digitalisierung jetzt mittlerweile über mehr als ein Jahrzehnt nach vorne getrieben, und ich glaube, es gibt ganz, ganz viele Unternehmen, die heute sagen würden: „Wir sind immer noch nicht wirklich digitalisiert.“ Und ähnlich ist es, glaube ich, mit Nachhaltigkeit, dass wir manchmal da auch ein Stück weit natürlich intrinsisch motiviert sind und sagen: „Alles muss morgen passieren.“ Das bin ich selber auch ganz eindeutig. Aber ich glaube, man muss auch realistisch sein, und manchmal ist es besser, wirklich in Schritten vorzugehen. Und manchmal sind es die kleinen Schritte, die dann aber den großen Impact haben und die dazu führen, dass wir Tag für Tag einfach ein Stück weit besser unterwegs sind. Interviewer:in: Vielleicht hast du da auch ein Beispiel? Lydia: Sehr gerne. Nehmen wir mal das ganze Thema ESG-Reporting – ist gerade in aller Munde.Wir haben die neue Regulatorik, hatten wir auch in einem der Podcasts hier.Warum ist es eigentlich so komplex? Das klingt eigentlich relativ einfach: Ich habe irgendwie ein paar KPIs, die möchte ich jetzt reporten, da möchte ich meine Daten zusammenziehen, und dann habe ich einen schönen Bericht. In der Realität ist eine große Anzahl dieser Informationen gar nicht verfügbar. Wenn wir einfach mal überlegen: Was ist denn mit Stromverbräuchen in einem Office-Building? Wir stellen uns das alles so einfach vor. Das ist wie zu Hause, da kommt einmal im Jahr die Stromrechnung, und dann sehe ich, was ich für einen Verbrauch hatte.Spätestens ab dem Zeitpunkt, wenn ich mir aber vielleicht ein Gebäude mit einem Mitbewerber teile oder wenn ich vielleicht auch nicht hundertprozentig weiß, woher mein Strom eigentlich kommt, weil ich in einem Land unterwegs bin, wo einfach keine Klassifizierung ist, ob ich gerade Grünstrom in meiner Leitung habe oder nicht, zeigt sich, wie schwierig diese Themen sein können. Es wird dann noch ergänzt um die Frage: Wann habe ich denn die Informationen überhaupt bereit? Wenn wir alle mal selber überlegen, fällt uns relativ schnell auf: Die Nachzahlung für die Stromrechnung im letzten Jahr, die kommt nicht unbedingt am 1.1., sondern die kommt mit Verzug. Und ähnlich ist es ja bei Unternehmen auch. Und jetzt kommt plötzlich eine Regulatorik und sagt: „Bitte aber zum Stichtag X.“ Und ich möchte das auch noch in einem Qualitätsniveau, das auf einem Level bisher einfach nie war. Da kommt plötzlich der Wirtschaftsprüfer und sagt: „Ich möchte das jetzt auch prüfen und möchte mein Häkchen geben, mich damit beschäftigen.“ Und so ein ganz, ganz kleines Beispiel zeigt, wie wahnsinnig komplex es ist, an die Daten zu kommen und selbst wenn ich die habe, die dann auch so zu extrahieren, dass es auf einem Qualitätsniveau ist, vergleichbar mit den finanziellen Informationen, die ich stand heute erhebe. Und das mache ich jetzt nicht für eine KPI, sondern das mache ich jetzt plötzlich für tausend verschiedene Datenpunkte. Und dann weiß man, wieso sowas nicht von heute auf morgen passiert, sondern was denn eigentlich da dahinter steckt. Und das ist eben eine Transformation, in der wir mittendrin stecken. Interviewer:in: Okay, also wir halten fest: Es ist komplex und es muss jetzt echt schnell gehen.Was sind denn Erfolgsfaktoren dafür, dass Unternehmen der Change wirklich gelingt? Lydia: Also ich glaube, wenn ich die Erfolgsfaktoren ein Stück weit Revue passieren lasse und auch gucke, was sind die Unternehmen, mit denen ich jeden Tag arbeiten darf, die da richtig gut sind, ist das allererste: Priorisieren. Nicht mit 150 anfangen, sondern wirklich mal sagen: „Was sind die zwei bis zehn, die super relevant für mein Unternehmen sind?“ Und die anzugehen und auch ganz klar im Unternehmen zu kommunizieren: „Das sind unsere zwei bis zehn, die total, total relevant sind, und wir reporten vielleicht 150 andere, weil wir das müssen, aber das sind die, die uns wirklich wichtig sind und auf die wir uns fokussieren.“ Und das sind in der Regel dann auch die Kenngrößen und messbaren Informationen, mit denen ich anfange inkrementell vorzugehen. Das heißt, nicht alles auf einmal, sondern in kleinen, verdaulichen Häppchen.Das kann manchmal sein, dass es total valide ist, Informationen erstmal in einem Excel-Tool zu erheben oder vielleicht dann im nächsten Schritt zu sagen: „Jetzt professionalisieren wir das Excel-Tool.“ Und erst im nächsten Schritt zu sagen: „Jetzt haben wir auch Schnittstellen zu existierenden Tools und bauen uns eine gesamtheitliche IT-Architektur auf.“Also ist so ein Stück weit den Elefanten in Scheiben schneiden, wie man es so schön sagt, und sich immer wieder kleine Erfolgserlebnisse verschaffen, wo man auch wirklich sieht: Wie weit ist man eigentlich schon gekommen? Was hat man geschafft? Was treibt man?Und am Ende, glaube ich, ist der wichtigste Erfolgsfaktor: Die richtigen Personen mit den richtigen Skills an diesen Themen dran zu haben.Klingt total einfach, ist für Unternehmen stand heute die größte Herausforderung, einfach weil wir nicht so viele Personen haben, die wirklich seit Jahren im ESG-Umfeld aktiv sind. Das heißt, ich muss mir sehr konkret überlegen: Welche meiner Mitarbeitenden entwickle ich dahin? Brauche ich Schulungen? Schicke ich die noch mal auf einen MBA, wie auch immer? Wo muss ich vielleicht auch wirklich neue Kolleg:innen hiren? Das heißt, wo brauche ich neue Mitarbeitende, die genau diese Skills mitbringen? Und im Zweifel sich auch das ein oder andere Mal die Frage stellen: Kann ich nicht über externes Know-how, das mit reinkommt, vielleicht auch das ein oder andere Fettnäpfchen überspringen und dadurch schneller zum Ziel kommen und die Qualität entsprechend nach vorne treiben?Ich glaube, es gibt zwei ganz, ganz zentrale Treiber für diese Transformation.Den ersten haben wir schon exzessiv behandelt: Das ist die Regulatorik. Ganz klar Prio 1.Es gibt einen zweiten, der aus meiner Sicht ganz, ganz dicht daran folgt, und das ist die Investoren. Woher kommen die finanziellen Mittel? Wie bin ich langfristig auch finanziell erfolgreich?Und dann ist an Stelle drei eine Vielzahl an unterschiedlichsten Elementen. Das geht von Kundenverhalten über Risiken, die ich betrachten muss, bis hin – und das ist eigentlich der spannende Punkt, den wir immer wichtiger werden sehen – zu der Frage: Welche Mitarbeitenden möchte ich denn eigentlich in meinem Unternehmen und wie schaffe ich es, dass ich die Top-Talente auch wirklich in mein Unternehmen integriert bekomme? Wie kommen die zu mir? Und da spielt Nachhaltigkeit eine immer wichtigere Rolle. Interviewer:in: Okay, also es gibt mit der richtigen Strategie – darüber haben wir auch in Folge drei dieser Staffel gesprochen mit Thomas und Hans-Bernd – und mit den richtigen, klugen Köpfen im Team durchaus noch Hoffnung für uns, also für das 1,5-Grad-Ziel. So verstehe ich dich richtig, ja? Lydia: Ich glaube, ich würde nicht in dem Thema arbeiten, wenn ich nicht eine gnadenlose Optimistin wäre. Deswegen muss ich jetzt hier mit „Ja“ antworten. Ich persönlich bin der festen Überzeugung, dass wir alle nicht wissen, ob wir die Welt retten können. Aber was wir, glaube ich, wissen, ist, dass wenn wir – jede:r von uns – ein kleines Teil dazu beitragen, wir auf jeden Fall in einer besseren Welt sein werden, als wenn wir sagen: Wir tun an der Stelle nichts.Und dieses für sich selber definieren: Wie kann ich einen Impact leisten? Wie kann ich mich einbringen? Was sind meine spezifischen Skills, die dazu beitragen, dass wir die Welt – und wenn es nur ein ganz, ganz kleines Stück besser ist – aber wir machen sie besser. Das ist, glaube ich, das, worauf es ankommt. Und wenn wir das alle gesamtheitlich machen, dann haben wir einen Impact, der bedeutend größer ist, als wir das vielleicht erwarten würden. Interviewer:in: Welche Voraussetzungen muss ich denn mitbringen, wenn ich als Student:in oder auch als Young Professional gerne auch Unternehmen dabei helfen möchte, ihre Nachhaltigkeitsziele umzusetzen? Lydia: Eine generelle Antwort an der Stelle wäre, glaube ich, sehr … würde ich mir nicht zutrauen, sagen wir es so. Was ich aber gerne mitgebe: Wie gucke ich drauf und was sind denn eigentlich meine Kriterien, wenn es darum geht, Kolleg:innen bei uns ins Team zu holen, die das Thema Nachhaltigkeit nach vorne treiben? Und die sind relativ einfach. Es gibt drei zentrale, die mir dort besonders wichtig sind. Das erste ist Leidenschaft und Interesse am Thema. Das heißt nicht zwingend: Ich muss Nachhaltigkeit studiert haben. Ich habe Mathematik studiert, ich hatte mit Nachhaltigkeit vor vielen Jahren gar nicht so viel zu tun gehabt, aber ich brenne für das Thema. Ich habe Lust, mich darin weiterzuentwickeln, in der Zeitung zu lesen, mich mit Personen auszutauschen – ganz, ganz wichtig. Also dieses kleine Funkeln in den Augen, wenn es ums Thema Nachhaltigkeit geht. Das gehört ganz viel zusammen mit Spaß am Rätsellösen.Da kommt jetzt doch die Mathematikerin durch. Was heißt Rätsel lösen? Wenn wir über Nachhaltigkeit sprechen, sprechen wir über ein Thema, wo es keine vorgefertigten Lösungen gibt. Das ist nicht, wie ich mache ein Kostenreduktionsprojekt. Da gibt es einen ganz klaren Fahrplan, den kann ich folgen, kann abhaken und sagen: „Wann bin ich erfolgreich?“ Wir haben Rätsel vor uns, die so noch keiner vor uns gelöst hat. Das heißt, wir brauchen Kreativität, wir brauchen Spürsinn, wir müssen auch mal vielleicht drei Wochen in die falsche Richtung laufen, um festzustellen: „Oh, das war eine Sackgasse. Jetzt müssen wir noch mal woanders hingehen.“ Aber dieser Innovationsgeist, diese Neugier auf neue Themen ist ganz, ganz wichtig.Und am Ende ist es als letzter Punkt auch relevant, Spaß daran zu haben, mit unterschiedlichen Personengruppen zusammenzuarbeiten. Wenn ich einen klassischen Arbeitstag von mir angucke, dann spreche ich eben nicht nur mit Berater:innen oder nicht nur mit Vorständen, sondern ich spreche mit Ingenieur:innen, ich spreche mit Personen, die an der Produktion sitzen und dort Dinge einpacken. Ich spreche mit ITler:innen, die Systeme verantworten.Ich spreche mit Finanzkolleg:innen, die das Reporting vorbereiten Zahlen mit Wirtschaftsprüfenden challengen. Und man muss in der Lage sein, diese unterschiedlichen Perspektiven zu managen, mit denen auf ein gemeinsames Level zu kommen, gemeinsam zu sprechen und da ganz viel Spaß daran haben, dass man diese unterschiedlichen Perspektiven miterleben darf und daraus dann auch Lösungen generieren kann. Interviewer:in: Du selbst hast ja deinen Weg im Bereich Nachhaltigkeit gefunden. Was gefällt dir denn in dem Bereich besonders gut? Lydia: Wenn ich es in einem Satz zusammenfassen muss, dann ist es: Strategisches Denken und Zukunft mitgestalten. Ich habe noch kein Thema gesehen, das über die gesamten Unternehmen hinweg Relevanz hat, wo man sehr, sehr detailliert verstehen muss: Wie funktioniert eigentlich Business? Was passiert da? Und gleichzeitig genau die Stellhebel drückt, die definieren: Wie sieht denn das Business in fünf oder zehn Jahren aus? Und wie ist eigentlich die Veränderung, die bis dahin passieren muss?Und an dieser Transformation mit dabei zu sein, das mitzuerleben und tatsächlich Ergebnisse einfach in kürzester Zeit zu sehen, in der Kommunikation zu sehen, ist etwas, was mir total viel gibt. Und wenn am Ende die Oma in der Zeitung liest, was ich jeden Tag in meiner Arbeit machen darf, dann gibt mir das ganz, ganz viel und macht mir wahnsinnig viel Spaß. Interviewer:in: Zum Schluss würde ich gerne noch wissen: Was treibt dich an? Also was motiviert dich und was für Leute brauchst du in deinem Team, um weiterhin dich der Nachhaltigkeit so widmen zu können, wie du gerne möchtest? Lydia: Was ich möchte, ist ein wahnsinnig diverses Team mit unterschiedlichsten Hintergründen, unterschiedlichsten Perspektiven auf die Welt und was es braucht. Die aber dann gemeinsam zusammenkommen und eine Vision verfolgen und sagen: „Wir treiben das nach vorne.“ Und am Ende endet das wieder in den funkelnden Augen und der Leidenschaft.Aber es führt genau dazu, wo wir hin müssen. Um Rätsel zu lösen, brauchen wir unterschiedliche Charaktere, brauchen wir unterschiedliche Skills. Und ich wünsche mir ein Team, das möglichst viel von dem hat, weil ich glaube, dass das der einzige Schlüssel ist, dass wir die Rätsel erfolgreich lösen und da am Ende auch die richtige Lösung steht und wir nicht irgendwo zwischendrin stecken bleiben. Interviewer:in: Ich danke dir fürs Gespräch. Lydia: Vielen lieben Dank dir.
Outro: You Got Mail: Liebe Lydia, ich habe nun alle Folgen dieses Podcasts gehört und ich muss sagen: Es fasziniert mich, an wie vielen Stellen man in Sachen Nachhaltigkeit in Unternehmen ansetzen kann und auch ansetzen muss. Die Nachhaltigkeitsbestrebungen sind, wenn es einmal läuft, wie eine gut geölte Maschine, bei der das eine Rädchen in das andere greift.Wenn man an der einen Seite der Maschine eine Maßnahme anstößt, hat diese Bewegung Auswirkungen auf viele andere Rädchen, und sie kann an Ecken und Enden der Maschine zu positiven Auswirkungen führen, an die man zunächst gar nicht gedacht hat.Am Ende kann man nur begeistert zuschauen und hoffen, dass das Outcome all unsere Anstöße und Nachhaltigkeitsbestrebungen wirklich schnell genug kommt. Ich will gern beim Anstoßen helfen. Meine Bewerbung findest du bald auf deinem Schreibtisch.Das war die letzte Folge dieser Staffel von Re:Future. Re:Economy mit dem Fokus auf dem Thema Nachhaltigkeit. Seid ihr eben erst auf den Podcast gestoßen, dann hört doch die anderen acht Folgen an und taucht ein in die Welt der grünen Transformation. Wir wollten darin gemeinsam mit Deloitte die großen Fragen beantworten: Gibt es überhaupt noch eine Chance, die Klimakatastrophe zu verhindern? Können wir uns den Klimaschutz überhaupt leisten?Wie lässt sich die grüne Transformation beschleunigen? Helfen rechtliche Vorgaben wirklich dabei, Emissionen zu senken? Welche Rolle spielt die nachhaltige Lieferkette? Kann man die Weltwirtschaft auf Nachhaltigkeit umstellen? Und lohnt sich das? Kann die Digitalisierung zum Klimaschutz beitragen? Und können CO2-Emissionen überhaupt gestrichen werden, ohne der Wirtschaft zu schaden?Große Fragen. Wir haben die Antworten.Und Deloitte hat vielleicht auch den richtigen Job für dich, wenn du einen Impact in diesem Feld leisten willst. Bei Deloitte kannst du wirklich etwas verändern, indem du Unternehmen hilfst, die neuen Nachhaltigkeitsregularien umzusetzen, Strategien für nachhaltiges Wirtschaften zu entwickeln oder sie in Sachen Finanzen und Steuern aufzuschlauen.Neugierig geworden? Deloitte bietet fortlaufend unterschiedlichste Einstiegsmöglichkeiten.Das reicht von den dualen Studiengängen über Praktika bis hin zum Festeinstieg.Schaut doch einfach mal vorbei auf job.deloitte.com.
In der ersten Folge gibt Bernhard, Geschäftsführer der Deloitte Sustainability & Climate GmbH und Global Consulting Sustainability & Climate Strategy Leader, einen Einblick in das vielschichtige Thema Nachhaltigkeit und lässt uns einen Blick hinter die Kulissen von Klimakonferenzen (CoP) werfen. Warum er Deloitte für den richtigen Arbeitgeber hält, wenn ihr euch für einen Job mit Nachhaltigkeitsbezug interessiert und welchen Beitrag unsere Expert:innen bei der Erreichung des 1,5 Grad Ziels leisten können, erfahrt ihr in seiner Podcast Folge.
Re:Future. Re:Economy - Ist das Klima noch zu retten?
Intro: You got Mail! An: Bernhard Lorentz, Partner und Geschäftsführer der Deloitte Sustainability und Climate GmbH und Global Consulting Services Sustainability & Climate LeaderBetreff: Wie entgehen wir der Katastrophe?
Schreiber:in (tippt): Lieber Bernhard, wir befinden uns mitten in der Klimakatastrophe.Das Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu beschränken, ist kaum noch erreichbar.Wir sind in der Orchestrierung und Umsetzung unserer Maßnahmen einfach zu langsam und es gibt zu viele Menschen und zu viele Unternehmen, deren Interesse daran haben, dass es so langsam geht. Wer will sich schon verändern und Geld in neue Technologien und Methoden investieren, wenn mit den alten Wegen noch so viel Profit zu machen ist?Manchmal denke ich, Unternehmen agieren nach dem Motto „Nach mir die Sintflut!“. Wie siehst du das?
Interviewer:in: Ja hallo Bernhard und herzlich Willkommen zur ersten Folge unserer neuen Podcast-Staffel "RE: Future, RE: Economy" mit dem Fokus auf dem Thema Nachhaltigkeit. Die Mail, die du bekommen hast, die geht ja direkt ganz schön in die Vollen, stellt die unbequemen Fragen. Aber ich glaube, du bist der richtige Mann, um diese zu beantworten. Also stell dich doch gern noch mal vor.
Bernhard: Ja, hallo, freue mich sehr. Mein Name ist Bernhard Lorentz, ich bin seit anderthalb Jahren bei Deloitte verantwortlich, global dafür, Unternehmen und Staaten auf dem Weg der Dekarbonisierung zu beraten und insbesondere dafür zu sorgen, dass wir diese große Transformation hinbekommen. Viele Unternehmen und Staaten dabei auch beschleunigen, diese Entwicklung erfolgreich zu Ende zu führen. Ich bin etwa seit 25 Jahren im Bereich Klimapolitik unterwegs, war in Regierungsämtern, habe viel in think tanks gearbeitet, große Stiftungen geleitet, die sich darum gekümmert haben, Klimapolitiken auch zu entwickeln, die eine große Relevanz heute bei der Umsetzung in der Bundesregierung, auf der europäischen Ebene haben, aber auch global. Ich habe jetzt auch die globale Verantwortung, sodass ich also auch über Asien, Vereinigte Staaten, den asiatisch-pazifischen Raum, viele große Unternehmen und Staaten beraten darf mit meinen Teams.
Interviewer:in: Mhm, ja, dein Werdegang macht dich ja auf jeden Fall zum Experten. Kommen wir doch gleich mal auf die Mail zurück. Die Schreiberin bezweifelt, dass das 1,5-Grad-Ziel überhaupt noch erreichbar ist. Wie ist denn deine Meinung dazu?
Bernhard: Ich glaube, wir sollten das 1,5-Grad-Ziel nicht so schnell abschreiben, wie es gerade viele tun. Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass wir uns klar machen, dass es an uns liegt. Es sollte unseren Ehrgeiz reizen, dieses 1,5-Grad-Ziel einzuhalten und es hat gute Gründe, warum wir uns dieses ambitionierte Ziel gesetzt haben. Denn jenseits von 1,5 Grad kommen wir in Bereiche der Erderwärmung, von denen wir nicht genau wissen, welche Folgen sie für die Existenz von menschlichem Leben auf der Erde haben. Und jede:r muss für sich selbst entscheiden, ob er oder sie bereit ist, dieses Risiko, insbesondere das Risiko, wenn wir in ein 2-Plus-Szenario hineinkommen, ob er oder sie bereit ist, dieses Risiko zu gehen. Ich glaube, diese Frage muss jede:r für sich entscheiden. Deshalb werbe ich sehr dafür, an dem 1,5-Grad-Ziel festzuhalten und alles zu tun und zu beschleunigen, unsere Anstrengungen zu intensivieren, um dieses Ziel weiter zu erreichen.
Interviewer:in: Was müssen wir denn als Gesellschaft tun, auch global, um Klimawandel, Umweltverschmutzung, Artensterben und diese ganzen großen threats, die uns gerade bedrohen, entgegenzutreten?
Bernhard: Ich glaube mehr, dass es vor allem darum geht, dass wir uns selber an die Nase fassen und individuell, das ist auch etwas, was ich in den letzten Jahren gelernt habe, Verantwortung für unser Handeln zu übernehmen. Einerseits natürlich in den Unternehmen und den Ländern, in denen wir leben und arbeiten, diese Veränderung anzustoßen und zu unterstützen, aber auch jede:r selbst darüber nachzudenken, wie ich mich verhalte – in meiner Mobilität, in meinem Konsumverhalten, in all diesen Geschäften, Rechtsgeschäften, wenn ich so will, die ich auch als Person eingehe. Denn, so wie es der deutsche Vizekanzler neulich noch mal so schön ausgeführt hat: Es wird nicht ohne eine große Veränderung gehen. Und diese Veränderung fängt, wie alle großen Veränderungen, bei jedem Einzelnen und bei jeder Einzelnen von uns an.
Interviewer:in: Es gibt ja viele Leute, die sagen: "Ach, was bringt das denn schon, wenn ich jetzt meinen Kaffee nicht im Pappbecher kaufe, wenn die großen Unternehmen doch weiterhin ihre Wirtschaft genauso treiben, wie sie sie derzeit treiben?" Deswegen die nächste Frage: Welche Verantwortung tragen in dem Zusammenhang Unternehmen deiner Meinung nach?
Bernhard: Ich glaube, Unternehmen tragen eine ganz große Verantwortung. Das ist sowohl den Unternehmen klar als auch den Unternehmenseigentümer:innen, als auch den Politiker:innen, die die Regularien und die Standards aufsetzen, unter denen Unternehmen in diesem Land arbeiten dürfen. Wenn wir mal über Deutschland reden, so würde ich sagen, dass sich eigentlich die ganz überwiegende Zahl der Unternehmer:innen, aber vor allem der Unternehmen, über die wir reden, auf den Weg gemacht hat in die Dekarbonisierung. Es geht nur noch darum, wie schnell wir diese Ziele, die wir uns gesetzt haben, erreichen und ob wir vor allem die ambitionierten Ziele insgesamt als Land auch erreichen. Ich glaube also, dass Unternehmen sich dieser großen Verantwortung bewusst sind und sich auf den Weg gemacht haben.
Interviewer:in: Kann man sagen, dass Wirtschaftsinteressen unsere Nachhaltigkeitsbestrebungen hemmen?
Bernhard: Nein, ich glaube, das ist ein Irrtum. Ich glaube, dass wir uns klarmachen müssen, dass sich unsere Wirtschaftsweise verändern wird. Ich glaube, wir werden ganz andere Formen von Produktionsprozessen und Dienstleistungsprozessen sehen, aber dass diese neue Form durchaus auch eine sehr Gewinnbringende sein kann und auch eine auch eine andere Form von Wachstum weiter Generierende. Es ist ein Irrglaube zu glauben, dass es nur um Verzicht geht. Ja, es geht auch um Verzicht, aber mehr als um Verzicht geht es um Veränderung. Wir werden anders reisen, wir werden anders Mobilität erfahren, wir werden anders zusammenleben, wir werden anders konsumieren, aber wir werden trotzdem in einer sehr nachhaltigen und reichen Welt leben.
Interviewer:in: Derzeit ist in dem Zusammenhang ja auch die Abkürzung ESG in aller Munde. Vielleicht kannst du unseren Hörer:innen noch mal kurz erläutern, wofür ESG steht und was die neuen Nachhaltigkeitsvorgaben für Unternehmen bringen?
Bernhard: ESG steht – das ist ganz einfach – für Environmental, Social and Governance, für die drei relevanten Dimensionen, in denen wir, wenn wir über Nachhaltigkeit reden, denken. Wir denken darüber nach, wie wir Umweltziele – das ist insbesondere natürlich heute der Klimaschutz und der Artenschutz – nach vorne bringen. Wir denken zweitens daran, wie wir soziale Ziele – das ist vor allem das große Thema Diversity, Equity and Inclusion – beachten in Unternehmen und Rücksicht nehmen auf diese ganz zentrale Frage, die Frage, wie wir zusammenleben wollen. Und drittens die Frage nach Governance: Wie steuern wir diese Veränderungsprozesse in Unternehmen? Welche Rollen haben verschiedene Gremien und Positionen im Unternehmen? Und diese drei gemeinsam führen dann dazu, dass wir die Performance, die Leistungsfähigkeit von Unternehmen einerseits beobachten und schließlich auch beurteilen. Ich glaube, so kann man erklären, wie dann auch die Regelungen zustande kommen, die in dieser ESG-Dimension, in diesen drei Dimensionen, Unternehmen jetzt dazu bringen, regulatorisch und durch Standards, die die Regierung setzt, sich besser zu verhalten.
Interviewer:in: Du bist ja seit einiger Zeit bei Deloitte. Interessiert mich: Welche Rolle spielt denn dein Arbeitgeber dabei, diese ESG-Vorgaben umzusetzen?
Bernhard: Na, ich bin bei Deloitte nicht ohne Grund. Ich habe mich ganz bewusst entschieden, zu Deloitte zu gehen, weil ich glaube, dass Deloitte ein Arbeitgeber ist, der sehr ernsthaft auch in der eigenen Performance darum streitet und darum ringt, die Ziele, die wir uns gesetzt haben, einzuhalten. Das heißt, wir legen großen Wert darauf, unser Konsumverhalten zu verändern. Wir legen großen Wert darauf, zu incentivieren, dass die Kolleg:innen in Deutschland insbesondere eher E-Fahrräder als Dienstmobilitätswerkzeuge haben als Verbrennerautos. Wir machen viele Schulungen, um die Menschen, die bei uns arbeiten, mitzunehmen auf dem Weg. Und es ist vor allem auch eine Frage der Einstellung. Insbesondere die Einheit, die ich leite, in der wir uns ja um Sustainability und Climate dezidiert kümmern, ist geprägt davon, dass das 100 Menschen sind, die sagen: Wir wollen anders leben, wir wollen anders arbeiten, wir wollen anders reisen, wir wollen anders produzieren. In Beratungsgesellschaften wird ja nur Wissen produziert. Wir haben es eigentlich ganz einfach. Wir sind gar nicht so schwer in der Reduktion und da ist Deloitte schon ein Unternehmen, wo man sagen kann: Man ist stolz darauf, dort zu arbeiten, weil hier auch diese Dinge umgesetzt werden.
Interviewer:in: In den nächsten acht Folgen dieser Podcastreihe geht es ja darum, wie Deloitte ganz konkret dabei hilft, die ESG-Vorgaben in Unternehmen umzusetzen und so die Nachhaltigkeit in der Wirtschaft voranzutreiben. Welche Jobs gibt es denn bei Deloitte, die dir in dem Zusammenhang sofort einfallen?
Bernhard: Naja, es gibt eine ganz große Bandbreite von Jobs. Wir sind ja eine der ganz großen, wir sind die größte Beratungsgesellschaft der Welt und eine der ganz großen in Deutschland. Über 12.000 Mitarbeiter:innen in Deutschland, und diese Mitarbeiter:innen spiegeln die ganze Bandbreite einer Beratungs- und Prüfungsgesellschaft ab. Wir haben Menschen, die mit Zahlen hantieren und die besten Modelle rechnen und Simulationen machen, um Unternehmen Wege aufzuzeigen in die Dekarbonisierung. Menschen, die ganz konkret vor Ort die Personal-Leiter:innen von Unternehmen beraten, darin, wie die Konsequenzen für die Arbeitswelt sind. Menschen, die die Strategien entwickeln, die Unternehmen dekarbonisieren. Wir haben Menschen, die sich um Diversität kümmern – Unternehmen, um das, was unter Social bei ESG auch eine Rolle spielt, also um Diversity kümmern – oder um die Governance in Aufsichtsräten, um die Kontrollorgane und Aufsichtsorgane. Du kannst davon ausgehen, dass wir eine ganz große Bandbreite von spannenden Aufgaben haben, wo wir mit Unternehmen und vor allem auch mit Public Sector Akteuren und Akteurinnen, also mit Politikakteur:innen, darüber streiten und reden und beraten, wie wir diese Transformation gelingen lassen.
Interviewer:in: In deiner Position bist du jetzt schon auf diversen Klimakonferenzen dabei gewesen, unter anderem auf der letzten COP27. Die hat Ende 2022 in Ägypten stattgefunden. Und wenn man an Klima und Umwelt interessiert ist, dann setzt man ja große Hoffnungen auf diese Konferenzen. Ich persönlich bin dann immer wieder ein bisschen enttäuscht. Also da werden dann bestimmte Forderungen abgeschmettert oder es kommen nur, ja, so, ich sag mal, kleine Kompromisse zustande. Und ich habe immer den Eindruck, das geht alles viel zu langsam. Jetzt bist du ja, wie gesagt, schon öfter vor Ort gewesen. Wie nimmst du denn die Verhandlungen auf diesen Veranstaltungen wahr? Und gibt es vielleicht doch Teilerfolge, die es einfach nicht in die Medien schaffen und die mich ein bisschen hoffnungsfroher stimmen könnten?
Bernhard: Die globalen Klimakonferenzen sind eine Reihe von jährlichen Konferenzen, die unterjährig viele kleine Konferenzen vorbereiten werden, in der – das muss man sich so vorstellen – 190 Länder mit ihren Vertreter:innen zusammenkommen, um zu verhandeln, wie sie die Klimapolitik erfolgreicher gestalten können. Jetzt stellen wir uns mal vor: Jede:r von uns kennt es, wenn man in einer Klasse mal war oder in einem Seminar an der Uni und versucht, mit 25 Leuten zu entscheiden, in welche Kneipe man geht am Ende des Semesters oder am Ende des Schuljahres, war das schon sehr schwierig. Multilaterale Verhandlungen, bei denen 190 Länder zusammenkommen und diskutieren, sind sowas wie Klassensprecherwahlen auf dem höchsten Niveau, in der höchsten Komplexität. Ich glaube, da macht man sich keine Vorstellung von. Ich habe viel in verschiedenen Rollen an COPs teilgenommen – als Verhandler und als jemand, der die natürlich begleitet hat und beraten hat – und es ist eine unglaublich hohe Komplexität, hier Einigkeit zwischen den unterschiedlichen Interessen - auf der einen Seite Inselstaaten, die drohen, unterzugehen, auf der anderen Seite erdölproduzierende Länder, stark konsumierende Länder, Diktaturen, Demokratien - zu finden. Und ich glaube, wenn man sich klar macht, wie schwierig es ist, dann wird einem klar, wie großartig – und das stimmt mich immer wieder zuversichtlich – der Konsens ist, den wir in Paris gefunden haben, uns auf diese klare Regelung zu verständigen, die Erderwärmung zu stoppen. Und wir ringen in diesen COPs, wie in der letzten COP, darum, einzelne Bereiche hier dann so zu regulieren, dass wir diese Zielsetzung einhalten können. Und es gibt immer wieder genau, wie du sagst, einige Teilerfolge, die einen sehr froh stimmen lassen. Wir haben es geschafft, in Glasgow zum Beispiel ein Abkommen zu treffen, die Methan-Emissionen – ein Methan ist ein Gas, das noch viel klimaschädlicher ist als CO2, was viel unterschätzt wird – massiv zu reduzieren. Wir haben es in Sharm El-Sheikh auf der COP27 geschafft, bestimmten Ländern des Südens – Südafrika, Indonesien – sehr viel Geld anzubieten, wenn sie es schaffen, aus der Kohle auszusteigen. Wenn man Indonesien oder Südafrika war und weiß, wie dominant dort Kohle als Mittel der Stromerzeugung und aller Energieträger noch ist, dann weiß man auch, wie relevant das ist, diesen Kohleausstieg dort zu schaffen, den wir in Deutschland ja gerade erst geschafft haben. Und so gibt es immer wieder einzelne Teilerfolge, die mich eigentlich zuversichtlich stimmen und weiter ein Optimist bleiben lassen, dass wir die großen Verhandlungen brauchen. Die sind Teil der großen klimapolitischen Geschichte und der Erzählung, die uns zum Ziel führt – genauso wie unsere individuellen Handlungen. Diese beiden – oben und unten, wenn man so möchte – nur das gemeinsam kann uns dazu führen, dass wir diesen Planeten retten.
Interviewer:in: Ich danke dir sehr für diese tolle Antwort. Zum Schluss würde ich gerne noch von dir wissen, was dich hoffnungsfroh stimmt.
Bernhard: Mich lässt hoffnungsvoll stimmen, wenn ich mit meinen drei Töchtern diskutiere und mit ihren Freund:innen und feststelle, wie engagiert diese Generation mit diesem Thema umgeht, wie politisch bewusst sie damit umgeht, wie individuell verantwortungsvoll sie ihre Mobilität und ihr Konsumverhalten steuern, viel stärker als wir das getan haben - meine Generation allzumal - und schaut darauf, wie wir diesen Planeten weiter gestalten wollen und handeln wollen. Und das stimmt mich sehr, sehr zuversichtlich.
Outro: You got Mail!
Schreiber:in (tippt): Lieber Bernhard, danke für deine offenen Antworten und deine optimistische Haltung. Wir müssen alle mehr machen und dürfen uns nicht zurücklehnen. Das nehme ich mit. Und Unternehmen können und müssen sich verändern, damit wir möglichst schnell und effektiv vorankommen. Ich bin gespannt auf die kommenden Folgen dieser Reihe Re:Future. Re:Economy. Ich denke, da werde ich noch eine ganze Menge lernen.
Outro: Das war die erste Folge der neuen Staffel von Re:Future. Re:Economy. In dieser Staffel geht es um das Thema Nachhaltigkeit und darum, wie man mit dem richtigen Job einen wirklichen Impact in diesem Feld leisten kann – beispielsweise bei Deloitte, wo man wirklich etwas verändern kann, indem man Unternehmen hilft, die neuen Nachhaltigkeitsregularien umzusetzen, Strategien für nachhaltiges Wirtschaften zu entwickeln oder sie in Sachen Finanzen und Steuern aufzuschlauen. Neugierig geworden? Deloitte bietet fortlaufend unterschiedlichste Einstiegsmöglichkeiten. Das reicht von dualen Studiengängen über Praktika bis hin zum Festeinstieg. Schaut doch einfach mal vorbei auf job.deloitte.com.
In der nächsten Folge geht es dann um Sustainable Finance. Dann will ich von Sarah Schmidt wissen, welche Möglichkeiten ihr Job bietet, im Finanzsektor wirklich nachhaltig etwas zu verändern. Schaltet also wieder ein zu einer neuen Folge Re:Future. Re:Economy – überall, wo es Podcasts gibt.
Was sind Green Bonds? Und wie erfahren Anleger:innen, ob ein Unternehmen tatsächlich grün ist, bevor sie investieren? In der zweiten Folge spricht Sarah, Managerin im Bereich Advisory, über Nachhaltigkeitsstrategien, die Finanzierung von Nachhaltigkeitstransformationen und die positiven Auswirkungen von neuen Nachhaltigkeitsvorgaben auf Unternehmen.Hinweis: Die Folge wurde vor unserer Umstrukturierung aufgenommen, daher können im Gespräch unsere alten Businessbezeichnungen erwähnt werden. Sarah gehörte damals zum Bereich Financial Advisory. Die neue Bezeichnung ist nun Advisory.
Re:Future. Re:Economy - Mit grünen Investitionen zu mehr Nachhaltigkeit?
Intro: You got Mail! Sarah Schmidt, Managerin Financial Advisory bei Deloitte. Betreff: Finanzierung der nachhaltigen Transformation. Liebe Sarah, danke, dass du mir heute beim Mittagessen so viel über deinen Beruf erzählt und mich noch einmal für die Wege begeistert hast, wie ich meine Leidenschaft für Nachhaltigkeit auch im Finanzsektor einbringen kann. Ich fand das alles wirklich super spannend, ich merke aber auch, dass sich noch viele Fragezeichen in meinem Kopf befinden. Vielleicht reicht ein Mittagessen ja nicht aus? Ich würde mich freuen, wenn du mir noch ein bisschen mehr über „Financing Sustainability“ erzählen könntest. Wie wird unsere Wirtschaft denn nachhaltiger? Wie merke ich als Anleger:in, wie grün Unternehmen sind, in die ich investieren will? Und was sind eigentlich Green Bonds? Vielleicht kannst du mich ein bisschen erhellen, vielleicht auch anhand eines Beispiels? Ich merke, diese Fragen werden mich nicht loslassen. Und bis zu unserem nächsten Mittagessen ist es ja noch so lange hin.
Interviewer:in: Ja, hallo Sarah, eine ganz schön fordernde Mail hast du da bekommen. Ich denke, viele Fragen lassen sich in einem Podcast sicher ganz gut beantworten. Darum schön, dass du da bist und lass uns gleich mal einsteigen: Wieso bekommst du eigentlich gerade du so eine Mail, also was macht dich zur Expertin?
Sarah: Hallo May, das ist eine gute Frage, das habe ich mich auch gefragt. Ich arbeite bei Deloitte schon seit einiger Zeit in der Nachhaltigkeitsberatung und habe eigentlich meine gesamte Karriere mit Nachhaltigkeit bei Unternehmen und im Finanzwesen im Finanzkontext verbracht. Ich habe ursprünglich Umweltwissenschaften und Nachhaltigkeitsmanagement studiert und dann verschiedene Stationen durchlaufen – einmal ganz klassisch in der unternehmerischen Nachhaltigkeit gearbeitet, aber auch im Asset Management als ESG-Analystin. Da habe ich Unternehmen analysiert, auf deren Nachhaltigkeitsreife und Risiken, und habe ein gutes Verständnis bekommen, welche Rolle Nachhaltigkeit für Unternehmen, aber auch für den Finanzmarkt spielt und wie diese zwei Welten miteinander zusammenhängen.
Interviewer:in: Okay, also das Thema Nachhaltigkeit treibt dich jetzt schon eine ganze Weile um. Jetzt bist du mit diesem Thema bei Deloitte gelandet. Was kannst du denn hier in Sachen Nachhaltigkeit bewirken?
Sarah: Ich arbeite hier bei Deloitte im Transaktionskontext. Das heißt, das, was wir originär machen, ist Unternehmen dabei zu beraten, wenn sie vor einem Kauf von anderen Unternehmen stehen. Was wir dazu zu Nachhaltigkeit machen, ist beispielsweise die Käuferseite oder die Verkäuferseite zu beraten – zur Reife, zu Risiken, zu weiteren Themen wie dem Geschäftsmodell, zur Zukunftsfähigkeit – und treten da in den Dialog. Wir machen sogenannte ESG Due Diligences, um ihnen ein Gefühl dafür zu geben. Das führt dann häufig dazu, dass wir auch größere Themen behandeln, wie zum Beispiel eine Nachhaltigkeitsstrategie, oder bei der Regulatorikumsetzung unterstützen oder auch auf die IPO-Vorbereitung, also einen Börsengang. Nachhaltigkeit wird integriert und dafür die Weichen gestellt, damit sich das Unternehmen gut aufstellen kann.
Interviewer:in: Was für Entwicklungen hat es denn im Bereich Nachhaltigkeit in den letzten Jahren gegeben?
Sarah: Vor allem auf der Konsumentenseite ist sehr viel passiert. Besonders in jüngeren Generationen wird Nachhaltigkeit, Klima, Klimawandel, all das immer wichtiger. Das heißt, viele Unternehmen haben bemerkt, dass es eine Geschäftschance ist, und bieten auch Produkte an, die direkt diesen Anforderungen gerecht werden. Es gibt Produkte, die mit Recyclingplastik hergestellt werden, oder immer mehr tierfreie vegane Produkte. Diese Entwicklung wird jetzt begleitet von ganz viel Regulatorik, die vor allem auf europäischer Ebene getrieben wird – im Rahmen des Green Deals. Das ist ein Set an Regulatorik, das zusammenhängt und verschiedene Ebenen der europäischen Wirtschaft adressiert. Dazu gehört zum Beispiel die EU-Taxonomie. Die war vor einiger Zeit relativ prominent in den Medien, als darüber diskutiert wurde, ob Gas und Atomenergie nachhaltig sind oder gute Energieformen darstellen. Es gibt aber auch weitere Regulatorik wie die CSRD, die Corporate Sustainability Reporting Directive, nach der jetzt sehr viele Unternehmen – man schätzt etwa 50.000 in Europa – plötzlich Nachhaltigkeitsberichte erstellen müssen. Für den Finanzmarkt gibt es noch eine ähnliche Regulatorik, die Sustainable Finance Disclosure Regulation, wo auch Finanzmarktteilnehmer:innen für ihre Finanzprodukte transparent werden müssen und Informationen zu sozialen, aber auch Umweltkriterien zur Verfügung stellen müssen.
Interviewer:in: Okay, das klingt total komplex für mich. Ich bin noch nicht vom Fach. Ich glaube, ich muss es ein bisschen konkreter wissen: Was sind denn jetzt die neuen Anforderungen, die Unternehmen so begegnen können?
Sarah: Alles, was ich jetzt zuvor gesagt habe – Taxonomie, CSRD, SFDR – das sind im weitesten Sinne alles Transparenzregulierungen. Es geht bei den verschiedenen Facetten darum, dass Unternehmen Nachhaltigkeits-KPIs zur Verfügung stellen müssen. Das heißt, sie müssen zu sämtlichen Themen, die man sich rund um Umwelt, Soziales und Governance beziehungsweise Unternehmensführung vorstellen kann, jedes Jahr Zahlen veröffentlichen, teilweise auch Ziele veröffentlichen, und der Allgemeinheit, potenziellen Anlegern, aber auch Kund:innen die Möglichkeit geben, ein besseres Verständnis aus Nachhaltigkeitssicht des Unternehmens zu gewinnen.
Interviewer:in: Und was bedeutet das jetzt ganz konkret für einzelne Unternehmen? Wie reagieren die denn auf diese neuen Vorgaben?
Sarah: Für Unternehmen bedeutet das, dass sie plötzlich sehr, sehr viel zu erfüllen haben. Das ist ein großer Sprung von der aktuellen Regulatorik zu dem, was jetzt die nächsten Jahre auf sie zukommt. Es gibt natürlich Unternehmen, die schon besser aufgestellt sind, die eine gewisse Reife haben in Bezug auf ihre Nachhaltigkeitsorganisation und ihr Nachhaltigkeitsmanagement. Diese Unternehmen haben häufig auch schon verstanden, dass Nachhaltigkeit ein Wachstumsfaktor ist, ein Thema, von dem sie profitieren können und das viele Chancen mit sich bringt. Nichtsdestotrotz wird es aufwendig, und sie müssen Ressourcen investieren, aber sie verstehen, warum man das macht und was der größere Sinn und Zweck des Ganzen ist. Gleichzeitig gibt es aber auch viele Unternehmen, die jetzt das erste Mal darunter fallen, die bisher fast nichts oder sehr wenig in Bezug auf Nachhaltigkeit gemacht haben. Bei denen ist die Lücke noch deutlich größer. Sie müssen sich vor allem jetzt organisatorisch komplett neu aufstellen, neue Prozesse und Strukturen einführen und teilweise auch neue Stellen schaffen, um diese Anforderungen erfüllen zu können.
Interviewer:in: Hast du da vielleicht ein Beispiel für mich?
Sarah: Wir können einfach mal ein Unternehmen aus der Automobilbranche rauspicken. Diese Unternehmen werden sich jetzt damit beschäftigen müssen, nicht nur für ihre Produktion verschiedenste Kennzahlen zu erheben – zur Umwelt, zu Abwasser, zu Emissionen oder auch Feinstaubpartikeln, die in die Luft gehen. Sie müssen Informationen zur Verfügung stellen. Sie müssen sich überlegen, wie sie mit ihren Mitarbeitenden umgehen, wie viele Arbeitsunfälle es gibt, was sie noch tun können, um die Zufriedenheit zu erhöhen, die Unfälle zu reduzieren und den betrieblichen Arbeitsschutz weiter zu verbessern. Teilweise sind diese Zahlen schon erhoben, teilweise aber nicht in diesem Detailgrad und nicht mit dieser Qualität. Die Themen, die ich gerade genannt habe, liegen teilweise ganz operativ in der Produktion, aber auch zum Beispiel im Personalwesen und in sämtlichen anderen Abteilungen – all diese Abteilungen müssen jetzt mit einbezogen werden und müssen auch lernen, wie sie nachher diese Daten auch prüfbar machen können. Also das fällt jetzt auch unter die Prüfpflicht des Nachhaltigkeitsreportings. Sie müssen das dann einmal konsolidiert und jährlich in einem Nachhaltigkeitsbericht veröffentlichen. Diese Kennzahlen, die ich jetzt genannt habe, sind ein sehr, sehr kleiner Ausschnitt. In der Realität sind es deutlich mehr – das ist bestimmt eine dreistellige Zahl für den Großteil der Unternehmen, und das ist nicht trivial.
Interviewer:in: Jetzt ist es ja deine Aufgabe, solche Unternehmen auch zu beraten. Bleiben wir mal bei dem Beispiel aus dem Automobilsektor. Wie würdest du denn so ein Unternehmen in Sachen Nachhaltigkeitsstrategie beraten? Also welche Möglichkeiten haben diese Unternehmen?
Sarah: Der allererste und wichtigste Schritt ist jetzt natürlich, dafür zu sorgen, dass die Unternehmen compliant bleiben, also weiterhin in der Lage sind, sich an die Regulatorik zu halten. Das heißt, all diese Themen, die ich vorhin gesagt habe – in Bezug auf die KPIs, in Bezug auf die Prozesse – wir müssen dafür sorgen, dass das Unternehmen in der Lage ist, diese KPIs zu berichten. Daneben gibt es aber auch noch die andere Dimension: das Geschäftsmodell. Es geht also nicht nur um die Pflicht, sondern auch um die Kür. Wie kann ich ein Unternehmen werden, das auf zukünftige Anforderungen eingehen kann und neue Märkte erschließen kann? Wenn wir im Automobilsektor sind, bedeutet das beispielsweise, dass Hersteller, die sich auf Verbrennungsmotoren spezialisiert haben, ab 2035 – das ist der Zeitpunkt, wenn Verbrennungsmotoren in der EU nicht mehr verkauft werden dürfen – schlechte Karten haben, weil dann einfach ein gesamter Markt wegbricht. Das heißt, es gilt, sich frühzeitig darüber Gedanken zu machen: Welche Alternativen gibt es? Sind es Hybridautos, Elektroautos oder Wasserstoffantriebe? Aber es gibt rund um den Automarkt natürlich auch noch ganz andere Bereiche, an die man denken kann. Man kann das Geschäftsmodell neu denken, über Carsharing nachdenken oder vielleicht ist auch der Elektroroller die Lösung. Diese Diskussion muss man einmal führen, und das Unternehmen muss einmal verstehen, wo es jetzt steht, was in der Zukunft sein wird und wie es damit umgehen will. Und es muss sich jetzt schon darauf vorbereiten, um nicht am Schluss 2034 plötzlich zu merken: „Huch, nächstes Jahr funktionieren unsere Autos nicht mehr.“
Interviewer:in: Das wäre dann ein bisschen spät. Was ist denn eine gute Strategie für so ein Unternehmen, also nehmen wir mal an, das ist jetzt ein börsennotiertes Unternehmen. Das hat schon Shareholder, die machen dem vielleicht auch ein bisschen Druck, „Ihr müsst jetzt super schnell nachhaltig werden.“ Wie kann das Unternehmen denn dann am besten vorgehen?
Sarah: Ein ganz klassisches Instrument, das in der Nachhaltigkeit immer verwendet wird, ist die sogenannte Materialitätsanalyse. Da guckt man sich einmal an, welche Nachhaltigkeitsthemen für einen Sektor denn die wichtigsten sind. Nachhaltigkeit ist sehr sektorgetrieben, das heißt, für ein Automobilunternehmen sind ganz andere Themen und KPIs relevant als beispielsweise für einen Ölkonzern. Die Themen, die man sich anguckt, müssen auch darauf zugeschnitten werden. Man kann sagen, dass die Shareholder zunehmend dazulernen und auch nach diesem Materialitätsprinzip denken. Sehr häufig stellen sie Anforderungen an ein Unternehmen, die dann analog zu den Materialitätsthemen sind, die Unternehmen auch nach der Regulatorik erfüllen müssen. Das heißt, wenn man einmal diese Materialitätsanalyse gemacht hat und sich da auf die wichtigsten, die wesentlichsten Themen konzentriert, sich dafür Ziele setzt, konsequent Maßnahmen ableitet und umsetzt, und sich einfach auf diese Reise begibt, ist schon mal sehr, sehr viel geschafft.
Interviewer:in: Nachdem man das analysiert hat, was wäre dann die weitere Strategie? Was macht man dann?
Sarah: Wir machen das zum Beispiel so, dass wir die Materialitätsanalyse nicht nur regulatorikgetrieben nutzen, sondern sie häufig als Grundlage für die Nachhaltigkeitsstrategie verwenden. Wir gehen dann in Diskussionen und Workshops mit dem Kunden, definieren gemeinsam, wo sie überhaupt hinwollen, was die Ziele sind und wie ambitioniert sie vorgehen möchten. Daraus leiten wir dann ganz konkrete Ziele ab, wie zum Beispiel Dekarbonisierungsziele oder Ziele in Bezug auf die Lieferkette oder den Umgang mit Mitarbeitenden. So kann das Unternehmen noch attraktiver werden. Aus den Erkenntnissen und den Zielen, die man sich setzt, kann man dann die Nachhaltigkeitsstrategie ableiten, die für die nächsten 15 Jahre als Fahrplan dient.
Interviewer:in: Also die man dann bis 2035 im besten Fall umgesetzt hat?
Sarah: Genau. Aber Nachhaltigkeit ist kein Zustand, also man ist nie nachhaltig. In der Literatur wird deswegen auch häufig der Begriff der nachhaltigen Entwicklung verwendet. Es geht immer weiter, man kann immer neue Themen erschließen, daran arbeiten und ein besseres Unternehmen, ein besserer Teil der Gesellschaft werden.
Interviewer:in: Wie kann man sich denn dabei finanzieren? Das frage ich mich jetzt die ganze Zeit. So eine Nachhaltigkeitstransformation ist ja sicher teuer oder zumindest mit irgendwelchen Investments verbunden. Wie können Unternehmen denn da vorgehen?
Sarah: Da sprichst du ein großes Thema an, weil es tatsächlich sehr große Investitionen notwendig sind. Es ist häufiger auch in der Presse, wie viel die EU-Klimaziele beispielsweise kosten werden. Für Unternehmen gibt es da verschiedene Möglichkeiten, darunter unterschiedliche Arten von Krediten. Was sich immer mehr etabliert hat, sind sogenannte Green Bonds oder Sustainability Linked Bonds. Das sind Anleihen, die am Kapitalmarkt gehandelt werden. Sie sind zweckgebunden, das heißt, Unternehmen erhalten Geld von Investoren und verpflichten sich, dieses Geld für einen bestimmten Zweck oder ein bestimmtes Ziel auszugeben. Wenn es Green Bonds oder Sustainability Linked Bonds sind, sind diese Ausgaben an Umweltziele beziehungsweise Nachhaltigkeitsziele geknüpft. Für Investoren hat das den Vorteil, dass sie wissen, dass sie in die nachhaltige Transformation investieren. Für Unternehmen ist der Vorteil, dass sie häufig günstigere Kredite erhalten, da es sich um ein nachhaltiges Thema handelt. Dadurch wird dieses Finanzprodukt attraktiver im Vergleich zu konventionellen Anleihen. Für den Automobilsektor könnte das bedeuten, dass ein Unternehmen einen Bond ausgibt, um Fabriken zu bauen, die neue Antriebe produzieren können, oder um die Entwicklung von neuen Technologien zu finanzieren, die umweltfreundlicher sind und somit eine positive Alternative zum Verbrennungsmotor darstellen.
Interviewer:in: Wenn ich das richtig verstehe, wird ein Unternehmen immer nachhaltiger und bekommt dafür auch Geld und andere Vorteile. Meinst du, dass diese wirtschaftlichen Anreize wirklich etwas bewirken?
Sarah: Sie sind auf jeden Fall ein erster Schritt. Die Regulatorik sorgt dafür, dass erstmals eine wirkliche Vergleichbarkeit möglich ist. Alles, was an Regulatorik gefordert wird, ist zwar sehr streng, aber es ist auch das erste Mal, dass Nachhaltigkeitskennzahlen analog zu Finanzkennzahlen vergleichen kann. Das war bisher nicht der Fall. Dadurch wird indirekt auch der Druck innerhalb einer Branche steigen. Unterschiedliche Automobilhersteller können jetzt miteinander verglichen werden, was bisher nur mit sehr viel Recherche oder gar nicht möglich war, da die Daten einfach nicht zur Verfügung standen. Gleichzeitig, ich hab das Eingangs auch schon mal gesagt, ändern sich die Kundenerwartungen total, vor allem jüngeren Konsumenten haben ganz andere Erwartungen und sind teilweise bereit, mehr Geld für nachhaltige Produkte auszugeben, von denen sie sich einen positiven Beitrag erhoffen. Diese Entwicklungen werden sich in der Zukunft sicherlich weiter positiv verstärken. Das führt automatisch dazu, dass Unternehmen Anreize haben, über nachhaltige oder klimafreundliche Produkte nachzudenken. Es ist auf jeden Fall eine riesige Chance für Unternehmen, sich einen komplett neuen Markt zu erschließen, insbesondere mit einer jüngeren Zielgruppe.
Interviewer:in: Es ist auf jeden Fall eine riesige Chance für Unternehmen, sich einen komplett neuen Markt zu erschließen, insbesondere mit einer jüngeren Zielgruppe. Das wäre auch meine nächste Frage gewesen: Was für Möglichkeiten ergeben sich für Unternehmen aus diesen neuen Nachhaltigkeitsvorgaben? Vielleicht kannst du da noch ein bisschen mehr dazu erzählen?
Sarah: Ja, auf jeden Fall. Du hast da auch schon einige wichtige Punkte genannt. Neue Märkte ergeben sich die ganze Zeit, aber es schließen sich auch Märkte. Jetzt rechtzeitig die neuen Märkte zu erkennen und sich als Front Runner zu positionieren, von Anfang an eine gute Marktabdeckung zu haben, wird dazu führen, dass die Unternehmen in der Zukunft davon profitieren können. Um das noch einmal auf den Automobilsektor zu übertragen: Vielleicht ist Carsharing jetzt relativ etabliert, aber wer vor fünf oder zehn Jahren das erste Unternehmen war, das Carsharing angeboten hat, konnte sich seitdem deutlich weiterentwickeln, an seiner Marke bauen, an seiner Reputation arbeiten und hat natürlich ein ganz anderes Standing als ein Unternehmen, das jetzt erst in diesen Markt einsteigen möchte.
Interviewer:in: Wirklich sehr spannend, was du mir erzählt hast. Ich bin total froh, dass du meine Expertin bist. Am Ende würde ich gerne noch einmal von dir wissen: Was gefällt dir an deinem Job? Wo hast du das Gefühl, wirklich in Sachen Nachhaltigkeit etwas bewegen zu können?
Sarah: Tatsächlich sehr, sehr oft. Deswegen macht mir der Job auch sehr viel Spaß. Wir haben viele Situationen, in denen wir mit Unternehmen zusammenarbeiten, die sich das erste Mal mit Nachhaltigkeit beschäftigen oder gerade erst beginnen, ein Nachhaltigkeitsmanagement aufzubauen. Wenn wir diesen Unternehmen schon von Anfang an helfen können, alles aufzusetzen, ihre Ziele zu definieren und Maßnahmen abzuleiten, finde ich das am spannendsten. Denn wir können von Anfang an mitgestalten und müssen nicht mit bestehenden Strukturen arbeiten, sondern können sehr auf der grünen Wiese arbeiten. Die Regulatorik spielt uns da natürlich in die Hände, weil immer mehr Unternehmen sich damit beschäftigen müssen und sich in eine nachhaltigere Richtung bewegen.
Interviewer:in: Ich danke dir für das Gespräch, Sarah.
Sarah: Danke dir!
Outro: You got Mail! Liebe Sarah, danke für deine ausführlichen Antworten. Ich bin immer noch – und vielleicht jetzt noch mehr – begeistert von den Möglichkeiten, die dir dein Job bietet, im Finanzsektor wirklich nachhaltig etwas zu verändern. Gerade wie du mit den Unternehmen zusammen eine Strategie für mehr Nachhaltigkeit entwickelst, finde ich echt spannend. Lass uns bald wieder zusammen essen gehen, und dann will ich wissen, wie ich Teil deines Teams werden kann. Ganz liebe Grüße.
Interviewer:in: Das war eine neue Folge von Re:Future. Re:Economy. In dieser Staffel geht es ganz und gar um Nachhaltigkeit und darum, wie man mit dem richtigen Job einen wirklichen Impact in diesem Feld leisten kann, beispielsweise bei Deloitte, wo man wirklich etwas verändern kann, indem man Unternehmen hilft, die neuen Nachhaltigkeitsregularien umzusetzen, Strategien für nachhaltiges Wirtschaften zu entwickeln oder sie in Sachen Finanzen oder Steuern zu unterstützen. Neugierig geworden? Deloitte bietet fortlaufend unterschiedliche Einstiegsmöglichkeiten an. Das reicht von dualen Studiengängen über Praktika bis hin zum Festeinstieg. Schau doch einfach einmal vorbei auf job.deloitte.com. In der nächsten Folge geht es dann um den Bereich Strategy und Governance. Dann spreche ich mit Hans Bernd Prokamp und Thomas Northoff über die Umstellung von Lieferketten, die Reparierbarkeit von Produkten und die Macht der Steuern. Schaltet also wieder ein zu einer neuen Folge Re:Future. Re:Economy. Ihr findet sie überall da, wo es Podcasts gibt. Und wenn euch die Folgen gefallen haben, dann lasst uns doch gerne ein Abo da.
Neue ESG-Vorgaben und das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz stellen für viele Unternehmen eine Herausforderung dar. Was bringen diese Maßnahmen? An welchen Stellschrauben können Unternehmen drehen, um wirklich nachhaltiger zu werden? Und wie unterscheidet man echte und ernsthafte Bemühungen von Greenwashing? Hans-Bernd, Partner im Bereich Advisory, und Thomas, Partner im Bereich Tax & Legal, geben in der dritten Folge Einblicke in die gesetzlichen und regulatorischen Vorgaben und erklären, was sich dahinter verbirgt und wofür sie gebraucht werden.Hinweis: Die Folge wurde vor unserer Umstrukturierung aufgenommen, daher können im Gespräch unsere alten Businessbezeichnungen erwähnt werden. Hans-Bernd gehörte damals zum Bereich Risk Advisory. Die neue Bezeichnung ist nun Advisory.
Re:Future. Re:Economy: Nachhaltigkeit – alles eine Frage der Strategie?
Interviewer:in: You got Mail!An: Hans Bernd Brokamp Partner Deloitte und Lead Sustainability and Climate Risk Advisory und Thomas Northoff Managing Partner Deloitte Legal und Serviceline LeaderLieber Hans Bernd, lieber Thomas, die neuen ESG-Vorgaben und das neue Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz sind in aller Munde und stellen viele Unternehmen vor neue Herausforderungen. Mich würde einmal Eure Einschätzung interessieren: Werden diese neuen Regularien wirklich etwas bringen? Machen sie die Wirtschaft nachhaltiger? Geht es auch schnell genug? Und wollen Unternehmen wirklich nachhaltig sein? Bringt ihnen das echt auch etwas, oder sind viele eher auf der Suche nach Schlupflöchern? Danke für euren Einblick, ich bin schon sehr gespannt auf Eure Antworten.
Interviewer:in: Ja, Hallo Hans Bernd, Hallo Thomas, schön, dass Sie heute bei mir im Podcast seid. In dieser Folge unserer Reihe „Refuture Reconomy“ geht es um die strategische Implementierung von ESG-Vorgaben in Unternehmen. Kein leichtes Unterfangen und auch die E-Mail, die ihr da bekommen habt, die ist ganz schön fordernd. Aber versuchen wir mal zusammen, alle Fragen zu beantworten. Was meint ihr? Bringen die neuen ESG-Anforderungen wirklich etwas?
Hans Bernd: Ja, Hallo May, erstmal vielen, vielen Dank. Ich freue mich sehr, hier dabei zu sein. Und ja, bringen die Anforderungen etwas? Eindeutig ja, das können wir aus der Historie bestätigen. Ich würde da vielleicht mal kurz ein Beispiel nennen, das macht es so ein bisschen anschaulicher. Wir haben das Thema Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, das jetzt seit dem 01.01.2023 in Kraft ist. Vorher gab es eine Erhebung, da ging es eigentlich mehr darum, dass Unternehmen freiwillig ihrer Sorgfaltspflicht im Bereich Menschenrechte und menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten nachkommen. Die Erhebung hat eigentlich ergeben – und das war, wie gesagt, auch auf freiwilliger Basis – dass von den mehreren tausend Unternehmen, die daran teilgenommen haben, nur 15 % ihrer Verpflichtung nachgekommen sind, also ihrer Sorgfaltspflicht. Und das ist einmal der Faktor, wo der Gesetzgeber dann auch gesagt hat: „Na, wenn nur 15 % der Unternehmen in einer Ökonomie wie Deutschland diese Mindeststandards sozusagen erfüllen, dann müssen wir gesetzgeberisch etwas machen.“ Also das mal so als Beispiel. Und wir sehen auch jetzt in anderen Regulationen und Anforderungen, dass dies ein wesentlicher Trigger ist, um Richtung nachhaltiger Wirtschaft und nachhaltiger Transformation zu gehen. Thomas, vielleicht so dein Eindruck aus der Perspektive und aus der juristischen Seite, aber ich denke mal, das ist ein riesen Trigger, oder?
Thomas: Auf jeden Fall, Hans Bernd. Auch von meiner Seite Hallo May. Also ich glaube tatsächlich, dass eine Vielzahl von Unternehmen und entscheidenden Unternehmen sehr klar erkannt haben, dass sowohl umweltbezogene als auch menschenrechtsbezogene Themen wichtig sind. Nichtsdestotrotz befinden sich Unternehmen in einem globalen Wettbewerb, sodass immer auszutarieren ist: Was kann ich tun? Was kann ich in meiner Wettbewerbssituation tun? Und an der Stelle ist, glaube ich, tatsächlich auch ein Stückchen weiter der Gesetzgeber gefordert, für Unternehmen hier gleiche Spielregeln einzuführen.
Interviewer:in: Meint ihr denn, dass wir auch schnell genug in der Umsetzung sind?
Hans Bernd: Man kann nicht schnell genug sein. Also wir haben ja das Thema Klimawandel, May, das ist ja in aller Munde, und wir sind Richtung 1,5-Grad-Ziel ja schon deutlich unterwegs. 4 Grad werden wir nicht erreichen. Ich glaube aber, dass die deutsche Wirtschaft jetzt hier bei uns sozusagen erkannt hat, dass das ein wesentlicher Punkt ist – also jetzt nicht nur Nachhaltigkeitspunkt Richtung Dekarbonisierung, sondern auch ein wirtschaftlicher Faktor. Ich komme da gleich noch mal mit ein, zwei Beispielen dazu. Wir sehen auch jetzt gerade, dass es wirklich eine Bewusstseinsänderung in den großen Unternehmen gibt – das schon länger –, aber auch jetzt in den mittelständischen Unternehmen, sozusagen in den Hidden Champions, die wir in Deutschland ja für eine Vielzahl haben, dass dieses Thema sehr, sehr ernst genommen wird. Und auch nicht nur von der Risikoseite – also was ist das Klimarisiko –, sondern aus der Chancenperspektive: Was ergibt sich da für mich fürs Business? Und wir haben vielleicht, bevor wir überhaupt über Regulation reden, noch mal den Punkt Investoren. Die Investoren waren halt viel früher dran, sage ich jetzt mal, das Thema Sustainability und Bewertung von Unternehmen – wie ist die Sustainability-Performance aufzunehmen? Also bevor überhaupt eine Regulation entstanden ist, hat zum Beispiel Larry Fink von BlackRock gesagt: „Ich investiere nicht mehr als größter Vermögensverwalter in Unternehmen, die mir nicht darstellen können, wie nachhaltig sie wirtschaften und wie nachhaltig sie unterwegs sind.“ Und das ist ein entscheidender Faktor. Also auf der einen Seite die Regulation, aber auf der anderen Seite der Zugang zum Kapitalmarkt. Und das hat die Sache enorm beschleunigt. Weil du weißt, Gesetzgebungsverfahren dauern sehr lange. Und ich glaube, dass der Impuls wirklich – der starke Impuls – jetzt von der Investorenseite kommt.
Thomas: Kann ich auch nur aus meiner Perspektive unterstreichen. Sind wir schnell genug? Wahrscheinlich nein, jedenfalls nicht, um alle negativen Effekte vollständig abmildern zu können. Sehen wir Bewegung? Auf jeden Fall sehen wir Bewegung – auf freiwilliger Basis, unterstützter Basis und auf Investorenseite, an allen Fronten im Augenblick.
Interviewer:in: Ihr habt also das Gefühl, dass eure Mandanten das Thema Nachhaltigkeit heute auf jeden Fall ernster nehmen als noch vor ein paar Jahren. Gibt es da ganz konkrete Beispiele, woran ihr das schon merken könnt?
Hans Bernd: Na, ich würde jetzt mal vielleicht ein Beispiel nennen. Würde jetzt den Kundennamen natürlich nicht nennen, aber wir haben jetzt einen Kunden sehr, sehr intensiv begleitet in den letzten anderthalb Jahren, um in Richtung Finanzmarkt zu gehen. Ja, und die Finanzmarktakteure und auch die Investmentbanker, die haben halt sehr, sehr stark danach gefragt: „Wie ist das Unternehmen denn positioniert in Zukunft auch in Richtung Nachhaltigkeit, in Richtung Strategie? Wie ist die strategische Aufstellung? Was sind die Ziele?“ Und das merkt man schon alleine dadurch, dass wir sie sauber positioniert haben, dass sie eine ganz klare Aussage getroffen haben, wie sie sich da entwickeln wollen – ohne dass alles schon gemacht ist, weil das dauert noch einige Jahre der Umsetzung. Hat es für das Unternehmen ganz garantiert wirtschaftlichen Vorteil gegeben. Und sie sind wirklich erfolgreich an die Börse gestartet. Und das freut uns natürlich sehr, wenn wir solche Unternehmen unterstützen können. Wir sehen auf der anderen Seite aber bei den Unternehmen natürlich auch – gerade bei den Unternehmen, die sich noch nicht so sehr damit beschäftigt haben. Wir haben in Deutschland viele Unternehmen, die jetzt im Mittelstand sitzen und die vielleicht 1.000 bis 3.000 Mitarbeiter haben, die natürlich sich fragen: „Okay, wir haben eine ganze Menge Regulation. Wir haben jetzt eine ganze Menge. Wir haben Corona gehabt, wir haben Ukraine-Krise, wir haben Energiepreise.“ Also es sind viele, viele Themen, die kommen. Trotzdem sehen wir die Notwendigkeit oder auch den Willen der Unternehmen doch ganz klar bestätigt, dass sie etwas tun wollen. Wir kriegen jeden Tag mehrere Anfragen – über regulatorische Themen zu unterstützen, sie bei Dekarbonisierungsthemen zu unterstützen etc.
Thomas: Denn ich glaube tatsächlich, der Druck kommt wirklich von mehreren Seiten. Das ist auf der Absatzseite von den Kunden, die deutlich stärker auch auf umweltbezogene Faktoren, auf menschenrechtsbezogene Faktoren Wert legen. Das ist aber nicht zuletzt auch die Mitarbeiter:innenseite. Also du wirst heutzutage keine dauerhaft guten Menschen für dein Unternehmen gewinnen können, wenn du nicht zumindest in einem vernünftigen Umfang nachweisen kannst, Sustainability-Kriterien auch zu erfüllen.
Interviewer:in: Hans Bernd, du entwickelst ja zusammen mit Unternehmen Nachhaltigkeitsstrategien. Wie gehst du da denn ganz genau vor?
Hans Bernd: Also das Thema Nachhaltigkeitsstrategie hat sich über die letzten Jahre eigentlich entwickelt. Was wir grundsätzlich immer machen, ist, dass wir eine sogenannte Wesentlichkeitsanalyse durchführen. Das heißt, wir schauen uns das Unternehmen ganz genau an: In welchem Marktumfeld ist es unterwegs? Welche Produkte, welche Dienstleistungen bringt es an den Markt? Wie ist das Unternehmen intern aufgestellt, national und international? Die Wesentlichkeitsanalyse bedeutet eigentlich, dass wir uns von einem Themenkatalog – zum Beispiel auf sustainability.com – verschiedene Aspekte anschauen, wie das Thema Dekarbonisierung, Equal Pay, also gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit, oder das Thema Diversity. Wir haben einen bestimmten Themenkatalog, mit dem wir in ein Unternehmen reingehen. Diesen Themenkatalog diskutieren wir zunächst einmal mit internen Stakeholdern, also mit dem Vorstand, dem Aufsichtsrat, dem Einkauf, der Sustainability-Abteilung, der Produktentwicklung, aber auch mit externen Stakeholdern, wie Kunden und Lieferanten des Unternehmens. Dadurch bildet sich eine sogenannte Inside-Out-Perspektive. Das heißt, wir schauen uns an, wie das Unternehmen mit welchen Themen in die Gesellschaft strahlt. Mit welchen Themen kann das Unternehmen punkten, oder welche wesentlichen Themen sind relevant? Und machen wir die andere Betrachtungsrichtung, die Outside-In-Perspektive. Das heißt, wir analysieren, was von außen auf das Unternehmen wirkt. Nach dieser Wesentlichkeitsanalyse, die durch Workshops, Interviews etc. stattfindet, haben wir ein sehr gutes Bild davon, welche die wesentlichen Nachhaltigkeitsthemen für das Unternehmen sind. Diese stellen wir dann auf eine Roadmap. Der nächste Schritt wäre dann zu sagen: „Okay, was ist denn eigentlich das Ambitionslevel?“ Will ein Unternehmen zum Beispiel klimaneutral werden? Bis wann will es klimaneutral werden? Wir schauen uns auch das Marktumfeld an: Was machen die Peers? Was macht der direkte Wettbewerb? Wie stellt sich das Unternehmen auf? Wir legen sogenannte Ambitionslevel fest und definieren Key Performance Indicators, also Zielsetzungen zu den einzelnen Themen, die wir als wesentlich identifiziert haben. Das setzen wir auf eine Roadmap. Dann hat das Unternehmen einen strategischen Fahrplan mit einer klaren Vision, wie es das Thema Nachhaltigkeit in seinem Unternehmen verankern will und welche Auswirkungen das auf die Gesellschaft, die externen Stakeholder und die Mitarbeitenden hat. Weil das ist ein ganz wichtiges Thema, was Thomas auch gerade noch mal genannt hat. Die Mitarbeitenden fragen deutlich kritischer nach „Was macht denn unser Unternehmen zum Thema Nachhaltigkeit?“ Und die werden auch eingebunden über Betriebsräte et cetera in diese Materialitätsanalyse. Was dann folgt, ist zu schauen, wie die Maßnahmen, die dort identifiziert werden, umgesetzt werden können. Diese passieren nicht über Nacht, sondern werden auf eine sogenannte Roadmap gestellt, sowohl quantifiziert als auch qualifiziert. Dann hat man eine Strategie stehen. Aber eine Strategie ist nichts anderes als ein Stück Papier, sage ich immer. Es muss dahinter eine klare Governance-Funktion oder -Struktur geben. Wer ist für die Themen verantwortlich? Wer treibt sie im Unternehmen voran? Wir helfen den Unternehmen dabei, eine Governance-Struktur aufzusetzen. Das war ein klassisches Beispiel. Ich hatte gerade das Unternehmen genannt, das wir an die Börse gebracht haben. Genau so haben wir es dort gemacht. Wir waren in einem sehr intensiven Austausch, haben die wesentlichen Themen identifiziert, die Ziele gesetzt, Ambitionslevel festgelegt und die Governance-Struktur aufgebaut. Es liegt nicht immer nur in einem Umwelt- und Nachhaltigkeitsteam. Themen wie Menschenrechte können zum Beispiel aus der Personalabteilung gesteuert werden, Arbeitssicherheitsthemen aus einer Umweltabteilung. Es ist immer ein Zusammenspiel, und das müssen Unternehmen verstehen. Was wir auch gelernt haben in der Strategieentwicklung seit Jahren jetzt, ist, dass die Bereitschaft, sich dem Thema Sustainability zu nähern, aus unterschiedlichen Abteilungen im Unternehmen deutlich gestiegen ist. Der Wille, zusammenzuarbeiten, hat sich erhöht. Das hat noch einen zweiten Effekt: Bei anderen Themen, wie Compliance, unabhängig von Nachhaltigkeitsthemen, arbeitet man jetzt cross-funktional zusammen, weil Sustainability ein sehr übergreifendes Thema ist.
Interviewer:in: Das Thema ist also ein bisschen aus der Ecke rausgerutscht, also man macht es nicht mehr auch noch, sondern man macht es jetzt irgendwie total übergreifend?
Hans Bernd: Ich bin seit 20 Jahren in dem Bereich unterwegs. Die erste Strategie habe ich 2012 gemacht. Die war nicht regulatorisch, sondern getrieben von einem Unternehmen, das etwas tun wollte. Es war ein Unternehmen aus der Farb- und Lackindustrie, das natürlich nicht unbedingt umweltfreundlich ist. Damals hatte man gesagt: „Wir haben eine Unternehmensstrategie und eine separate Nachhaltigkeitsstrategie.“ Das hat sich komplett geändert. Unternehmen, die strategisch vorgehen und ihre Strategie für fünf Jahre festlegen, haben Sustainability als festen Bestandteil ihrer Unternehmensstrategie. Da ist Sustainability ein fester Anker, ja ein fester Bestandteil der Unternehmensstrategie. Neben den ganzen wirtschaftlichen kaufmännischen Produktthemen ist das Thema Sustainability jetzt in der Verankerung angekommen und ist nicht mehr nicht mehr so Nischendasein.
Interviewer:in: Wir haben schon einiges gehört zur ESG-Vorgaben, zum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Da frage ich mich natürlich: Es gibt ja doch den einen oder anderen, dem das, glaube ich, schon teuer zu stehen kommt, seine Produktion so umzustellen. Und vielleicht gibt es da ja doch das eine oder andere Schlupfloch. Also wie kann man kontrollieren, ob wirklich alles so umgesetzt wird?
Thomas: Also ich steige mal ein, Hans Bernd, wenn ich darf. Wir sprechen hier ja immer über Push- und Pull-Faktoren. Ich fange mal lieber mit dem Thema an: Was passiert denn eigentlich mit Unternehmen, die Corporate Greenwashing betreiben und denen dieses Thema ehrlich gesagt um die Ohren fliegt? Wir sehen ja, dass wir inzwischen eine wirklich sehr, sehr wache Käuferschicht haben, eine sehr, sehr wache Umgebung. Also ich glaube, schon allein unter diesem Gesichtspunkt kannst du es dir als Unternehmen schlichtweg nicht mehr leisten, regulatorische Faktoren oder regulatorische Vorgaben nicht einzuhalten. Die viel spannendere Frage ist tatsächlich die: Wenn du sehr komplexe, vielleicht sogar globale Lieferketten hast, wie machst du das denn eigentlich ganz praktisch? Wie stellst du sicher, dass du einmal vielleicht vertraglich bei deinen Vorlieferanten Pflichten auferlegst, die du selber gerne erfüllen möchtest? Das ist Schritt eins. Und wie sorgst du dann dafür, dass in den Lieferketten auf der ersten, zweiten oder dritten Stufe diese Vorgaben auch eingehalten werden? Da kannst du natürlich immer über mehrere Themen nachdenken. Das eine sind originäre Berichtspflichten der Vorlieferanten, die jeweils dokumentieren und dir nachweisen müssen. Das wird typischerweise dann auch ergänzt durch entsprechende Kontrollsituationen, also klassische Field Audits, wo auch Unternehmen wie wir es sind im Auftrag unserer Mandanten bei Vorlieferanten nachschauen gehen, ob die Verpflichtungen, die man ihnen in der Lieferkette auferlegt hat, auch eingehalten worden sind. Insofern tut sich auch an der Stelle gerade ganz praktisch und pragmatisch eine ganze Menge, bis hin natürlich zu der Frage, dass es auch staatliche Kontrollinstanzen gibt, die schauen, ob das alles so funktioniert oder nicht.
Hans Bernd: Das ist ein gutes Stichwort, die staatlichen Kontrollen. Ich gehe mal ein bisschen weg, weil wir sind ja Wirtschaftsprüfer und wir sind natürlich im Audit-Bereich unterwegs. Wir prüfen ja finanzielle Berichterstattung. Das heißt, Investoren und Aktionäre verlassen sich auf unser Testat. Das heißt, wir prüfen aber jetzt in Zukunft auch – und das ist auch eine Regulation, die CSRD, die Corporate Sustainability Reporting Directive –, die Unternehmen verpflichtet, ihre Non-Financial, wir nennen das nicht-finanzielle Erklärung, abzugeben. Darin müssen sie berichten über ihren CO2-Footprint, also über die wesentlichen Themen: Wie ist der Fortschritt? Das hat natürlich sehr viel mit Daten zu tun und Datenerhebungen: Wie sauber sind die Daten? Was tun sie dort? Kann man das als externer Prüfer, der wir ja dann auch sind, nachvollziehen? Und wir geben ja dann auch ein Testat. Das stellt die Unternehmen jetzt gerade vor viele Fragestellungen, weil sie haben zwei Themen: Einmal das Thema Sustainability ist für die Unternehmen teilweise noch nicht neu, aber so wie sie es strukturiert, prozessual und regulatorisch anforsten müssen, ist es neu, weil diese CSRD ist gerade ein halbes Jahr alt. Das zweite ist: Wo kriege ich denn die Daten her? Also wo kriege ich jetzt meinen CO2-Ausstoß her? Ist das sauber gerechnet? Ist das prüfbar? Wir sind da jetzt wirklich stark dran, auch mit mehreren Gremien, Institutionen und auch mit der Politik und den Verbänden, sozusagen ein klares Prüfkonzept zu haben. Ich nenne mal ein Beispiel: Wir machen gerade für einen großen OEM das Thema CO2 in der Supply Chain. Das heißt, Lieferanten berichten ihren CO2-Ausstoß, weil die Automobilindustrie ist ja eine Komponentenfertigung. Da kriegt der Automobilhersteller von dem Zulieferer eine Komponente – ich sage jetzt mal einfach ein Screen für das Navigationssystem oder das Multi-Entertainment-System – und dann will der OEM wissen: Wie ist denn der CO2-Footprint bei der Herstellung gewesen von diesem? Das geht in seine Bilanz ein. Das ist ein Bilanzierungsthema. Da gab es in der Vergangenheit immer so ein bisschen das Thema: Ja, welchen Standard nimmt man an? Wie berechnet man das? Wie ist das vergleichbar? Wie ist das prüfbar? Man geht jetzt in die Automobilindustrie und sagt: Es gibt jetzt da einen Standard und eine klare Vorgabe für Supplier, wie sie sowas berechnen müssen und sollten. Das wird dann von uns auch geprüft. Da kommt ein Unternehmen, auch ein Automobilzulieferer, nicht mehr so ganz einfach raus. Der kann da nicht einfach schreiben: „Mein CO2-Footprint sieht jetzt so aus.“ Das wird schon überprüft. Das andere Thema, das noch ganz wichtig ist, ist das Thema NGOs. Wenn wir jetzt mal wieder ein bisschen zurückspringen Richtung Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz: Auch da prüft die BAFA, also das als offizielle Instanz, die über die Erfüllung der Sorgfaltspflichten schaut. Aber wir sehen, dass das Unternehmen selbst auch verpflichtet ist, auf der Webpage die Ergebnisse zu publizieren. Wir sehen jetzt schon einen sehr, sehr starken Trend dazu, wo NGOs natürlich gucken: Was publiziert das Unternehmen da? Wie kommen sie ihrer Sorgfaltspflicht nach? Also dieser Druck auf die Unternehmen, da jetzt kein Greenwashing mehr zu betreiben, ist aufgrund der Regulation und des Drucks deutlich gestiegen.
Interviewer:in: Thomas, du arbeitest ja im Bereich Tax und Legal. Welche Möglichkeiten habt ihr denn, Unternehmen anzuhalten, die staatlichen Vorgaben einzuhalten?
Thomas: Wir haben ja jetzt sehr viel über die Kontrollseite gesprochen. Ich hatte vorhin ja auch das Thema Vertragssysteme schon erwähnt, um Verpflichtungen bei Vorlieferanten oder in der Lieferkette mit einzubauen. Wir hatten aber auch uns schon mal kurz bei einer anderen Frage mit dem Thema beschäftigt: Fördermittel beziehungsweise eben die andere Seite der Lenkungs- und Leitungsinstrumente anzusehen, nämlich was kannst du eigentlich positiv machen, um Unternehmen dafür zu gewinnen, bestimmte Dinge umzusetzen? So, und wir haben sowohl auf der Ebene der Spezialsteuern eine ganze Reihe von Lenkungsinstrumenten – von Energiesteuern über Verpackungssteuern bis hin zu Mineralölsteuern –, die in Wirklichkeit und faktisch gutes Umweltverhalten belohnen, indem sie einfach Kosten helfen zu reduzieren. Dann haben wir vorhin schon gesprochen über das Thema tatsächlich unmittelbar Fördermittel. Das geht einmal in die Standortperspektive, das geht aber genauso auch in die Investitions- und Innovationsperspektive. Also insofern gibt es tatsächlich eine ganze Reihe von zusätzlichen Instrumenten, die über die Kontrollinstrumente hinaus auch Anreizcharakter bieten für Unternehmen, sich in eine ESG-Richtung weiterzuentwickeln.
Interviewer:in: Das haben wir eben schon gehört, dass diese Nachhaltigkeitsregularien auch eine Bürde für Unternehmen sein können, aber eben auch eine Chance für Wachstum und auch neue zukunftsgerichtete Märkte. In welchen Bereichen seht ihr denn da Potenziale?
Thomas: Ich würde – ohne dass ich es jetzt wirklich geopolitisch überhöhen möchte – sagen: Unternehmen haben ja in der Zwischenzeit begonnen, sich intensiv mit den Lieferketten auch aus anderen Gründen auseinanderzusetzen. Wenn du dir geopolitische Aspekte anschaust, Investitionsstörungen in der Kette, Transportwege und Ähnliches anschaust, dann ist das Thema „Franchshoring“ und „Nearshoring“ anstelle von „Offshoring“ ja gerade durchaus auch ein ernsthaftes strategisches Thema. Wenn du das jetzt anfängst und kombinierst mit Circular-Economy-Aspekten, wenn du das dann ergänzt mit der Fragestellung „Wie schaffe ich sinnvoll Zugang zu naheliegenden Rohstoffquellen? Wie schaffe ich sinnvoll Zugang zu naheliegenden Energieerzeugungs- und Speicherquellen?“, dann wird daraus natürlich auch mindestens mittel-, wenn nicht sogar kurzfristig, ein ernsthafter ökonomischer Schuh, der sich hoffentlich dann sogar auch vielleicht zu einem Wettbewerbsvorteil auswirkt. Also insofern: Wir sind ja immer groß darin, die Herausforderungen zu sehen. Ich glaube, wir müssen viel stärker auch die Chancen deutlich machen, die damit verbunden sind.
Hans Bernd: Wir sehen natürlich das Thema „Renewables“, also das Thema Wasserstoff. Wir sehen, wir sind ein Industriestandort in Deutschland, haben zwar auch einen starken Dienstleistungssektor, aber wir sind Industriestandort. Wir sehen natürlich da Möglichkeiten, durch Innovation sozusagen das Thema voranzutreiben. Wir haben durch die Regulation – zum Beispiel, ich hatte gerade Circular Economy gesagt, Kreislaufwirtschaft – kommen wir immer mehr in die ressourcenschonende Produktion. Das heißt, wir verwerten viel mehr wieder. Das heißt, wir sehen bei Unternehmen, die jetzt in Richtung Circular Economy gehen, also Wiederverwertung von Produkten, nicht nur, dass es mal am Anfang vielleicht Mehrkosten gibt – weil man muss sich mit dem Thema beschäftigen, man muss die Prozesse aufsetzen, man muss bestimmte Verfahren und Technologien vielleicht ändern –, aber sie sehen auch deutliche Einsparungen im Einkauf. Die Rohstoffbeschaffung ist ja nicht ganz so einfach mehr nach Corona, weil die Lieferketten sind teilweise zusammengebrochen. Die müssen sich Rohstoffe einkaufen in Ländern, die sehr, sehr kritisch sind – also einfach auch von den, ob wir jetzt Kobalt in der Batteriefertigung sehen, was im Kongo geschürft oder erhoben wird aus den Eisenminen. Und um dies zu vermeiden, ist die Innovation ein Riesenthema. Wir kriegen da jetzt in Richtung Feststoffbatterie einen ganz anderen Speed rein, und das würde niemals so gewesen sein, wenn wir die Themen – zum Beispiel leider Gottes nicht gehabt hätten – wie Kobalt. Es ist halt ein schädliches Material, es wird kritisch gefördert etc. Und das ist das Thema Innovation. Was wir bei den Großunternehmen schon sehen – also bei den DAX-Unternehmen sehen wir das schon –, die gehen da ganz stark hin. Das Problem ist immer, dass wir ja in Deutschland oder die Herausforderung ist in Deutschland, dass wir viel Mittelstand haben. Die Hidden Champions, die wir haben, ziehen schon hinterher. Die gehen in ihre neuen Geschäftsmodelle rein, sagen: „Wir verkaufen vielleicht keine Produkte mehr, sondern wir verleihen sie jetzt. Wir nehmen sie wieder zurück, wir arbeiten sie auf.“ Und diese neuen Geschäftsmodelle, die entstehen gerade, und wir glauben, dass die auch zu einer wirklichen Kreislaufwirtschaft oder nachhaltigen Wirtschaft führen. Ja, und diese Vorteile werden immer genommen. Ein Punkt noch, und dann, Thomas, ich glaube, du hast da ganz, ganz viele Punkte, wo du gut ergänzen kannst. Die Regulation noch mal, vielleicht da noch mal zurückkommt, sagt auch: „Liebes Unternehmen, beschäftige dich nicht nur mit den Risiken, die das Thema auslöst – also welche Risiken löst du aus? Welche Risiken gibt es für Unternehmen?“ Sagt auch: „Welche Opportunities hast du?“ Das heißt, du musst dir als Unternehmen aus der regulatorischen Sicht auch ganz klar dazu positionieren: Welche Möglichkeiten habe ich denn, Geschäftsfelder zu erschließen? Und welchen positiven Impact habe ich einfach? Und Unternehmen brauchen halt gerne oder lieben halt Standards, auch ganz ehrlich. Sie wollen halt eine Richtlinie haben, an der sie sich orientieren können. Ich glaube, dieses Zusammenspiel von ressourcenschonender Produktion und dem regulatorischen Impact, das macht es, glaube ich, aus. Und das wird viele, viele Unternehmen, viele, viele Chancen sozusagen für sie ergeben. Und wir sind in der Wasserstoffproduktion ziemlich weit vorne, kann man einfach mal so sagen. Also es gibt noch ein paar nordische Länder, die sind da auch gut, aber da sind wir schon ziemlich gut in Deutschland positioniert. Und wenn jetzt nicht der Treiber Richtung Wasserstoff gekommen wäre – vielleicht mal dazu –, sondern wir wären bei fossilen Brennstoffen geblieben, hätte Wasserstoff immer noch eine Nische, wäre immer noch eine Nische. Ja, es wäre weiterhin auf fossilen Brennstoffen geblieben worden. Aber die Chance, die Wirtschaft hier schon gar nicht genutzt, neue Energieträger zu entwickeln und neue Produkte beziehungsweise Dienstleistungen an den Markt zu bringen, das ist der Innovationsschub.
Interviewer:in: Was für positive Effekte kann denn nachhaltiges Wirtschaften für Unternehmen ganz konkret haben?
Thomas: Also wir werden wahrscheinlich auch noch mal so ein bisschen eine Renaissance dieses alten guten „Made in Germany“-Themas sehen. Was meine ich damit? Wir haben ja – also ohne, dass man das damals Nation Branding oder sonst irgendwas Tolles genannt hat – uns ja mal irgendwie im Wettbewerb positioniert mit Qualitätsthemen, mit Qualitätsführerschaftsthemen, mit Produkten, die nicht nach einem halben Jahr weggeschmissen werden. Und insofern glaube ich, dass auch schon auf der Produktseite, auf der Innovationsseite, auf der Produktionsseite die Frage qualitätvollen Wirtschaftens wieder eine ganz andere Bedeutung bekommt. Und insofern glaube ich, dass gerade ein Land wie Deutschland auch mit den Grundlagen, die wir haben und dem Mindset, den wir haben, hier eine riesengroße Chance hat, sich im Wettbewerb ganz weit vorne zu positionieren.
Hans Bernd: Ich hatte gerade schon mal das Thema Ressourcenschonung. Ich gucke jetzt immer sehr stark auf die Industrie. Ja, also das ist ein Thema, wo wir sagen: Wir sparen in der Logistik, wir sparen in der Beschaffung, das sehen wir ganz eindeutig. Das zweite Thema, was ich immer noch sehe, ist das Thema Menschen, das Thema People – also Attraction. Schon mal so ein bisschen angesprochen: Wie attraktiv bin ich denn als Unternehmen für Mitarbeiter und für Mitarbeiterinnen? Weil wir kriegen die Fragen ja auch. Also wir sind ja auch ein Unternehmen, wir sind am Markt, und wir kriegen von unseren Kolleginnen und Kollegen ja: „Ihr macht hier viel Nachhaltigkeitsberatung, aber was macht ihr denn selber als Unternehmen?“ Da haben wir jetzt gerade unsere neue Strategie ausgerollt, unsere neue Nachhaltigkeitsstrategie, die sehr advanced ist, also die schon wirklich sehr sportlich ist, muss ich ganz offen sagen, für vergleichbare Unternehmen. Man muss ja immer vergleichen, in welchem Marktumfeld. Und das führt zu einer positiven Resonanz, und das führt auch dazu – und das ist auch ein Wettbewerbsvorteil, den wir jetzt auch sehen und den ich auch in den Gesprächen teilweise mitbekomme –, wo man sagt: „Hey, ihr tut da schon eine ganze Menge, ihr macht wirklich was, ihr verändert was.“ Ich glaube, diesen Punkt darf man nicht unterschätzen. Ja, also das eine ist das praktische Engineering Doing, und das andere ist der Social Effekt, den das hat, und das Thema People. Ja, weil wir leben vom Kapital unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, also von dem geistigen Kapital. Und wir produzieren ja nicht, sondern wir geben unsere Expertise. Und wir kriegen dadurch ein sehr, sehr gutes Attraction sozusagen aus unserer Unternehmenssicht. Und das sehen viele Unternehmen auch so. Wir haben einen ganz harten Fight um Arbeitskräfte, um Talents, und das ist ein riesen Wettbewerbsvorteil.
Interviewer:in: Jetzt seid ihr ja beide in euren Jobs auch ein Stück weit der Nachhaltigkeit verpflichtet. Hans Bernd hat eben auch schon die Nachhaltigkeitsstrategie von Deloitte angesprochen. Deswegen zum Schluss noch eine persönliche Frage: Habt ihr denn in euren Jobs das Gefühl, wirklich etwas erreichen zu können? Und was war euer letztes großes Erfolgserlebnis?
Hans Bernd: Ich bin seit 25 Jahren im Nachhaltigkeits- und Umweltbereich unterwegs, und ich kann immer noch sagen, mir macht es immer noch Freude. Ich denke immer noch Neues, und mich freut es vor allen Dingen, bei so großen Transformationsthemen dabei zu sein, wo wir wirklich hingehen und sagen: „Wir tun was, also wir tun aktiv etwas.“ Ich sage das immer zu den Kolleginnen und Kollegen, gerade den Jüngeren, die auch so ein bisschen nach Purpose suchen, also nach Sinn: „Was mache ich denn eigentlich? Ist das sinnvoll, was ich tue?“ Für mich, den größten Impact, den ich mache, ist, wenn ich zum Beispiel Unternehmen dabei helfe, den Carbon Footprint zu berechnen, also das heißt, welchen CO2-Ausstoß haben sie? Welche Maßnahmen können sie ergreifen, um den zu reduzieren? Weil damit tue ich wirklich direkt etwas. Ich unterstütze damit die Unternehmen oder auch Organisationen in Richtung klimaneutraler Gesellschaft. Was wir aber auch tun – und das sehe ich jetzt – ist auch immer so ein bisschen so ein Effekt, wenn ich mit den Kolleginnen und Kollegen spreche und sage: „Man kann viele Sachen machen, aber hier macht ihr wirklich einen Impact.“ Und den machen wir jeden Tag, das muss man einfach so sagen. Wir machen jeden Tag einen Impact, nicht nur bei Dekarbonisierungsthemen, auch in Richtung der Themen, die ich vorher genannt habe, Richtung Circular Economy. Mich freut es riesig, wenn wir es hinbekommen, ein Produkt umzustellen in Richtung Kreislaufwirtschaft, wenn wir einem Unternehmen dabei geholfen haben, Verpackungssteuer zu vermeiden. Thomas, ich gucke so ein bisschen in deine Richtung, wo wir sagen: „Wir haben es geschafft, den Rezyklatanteil zu erhöhen.“ Das heißt, keine neuen Kunststoffe mehr in diese Verpackung reinzufiltern, sondern wirklich nachhaltige Verpackungen herzustellen. Und ich finde, das ist für mich immer noch ein Ansporn. Deswegen stehe ich jeden Morgen super, super gerne auf und freue mich immer auf die neuen Herausforderungen. Es sind auch schwierige Themen. Aber ich bin Ingenieur, und ich liebe auch ein bisschen die Herausforderung.
Thomas: Ja, Hans Bernd, ich glaube, das Verpackungssteuerthema kann ich wirklich nur ergänzen. Du hast hinten sozusagen bei der Verpackungssteuer geendet. Ich fange am anderen Ende an. Ich glaube, dass auch zum Beispiel in der Fördermittelberatung bei der Frage: „Wie schaffe ich es, ganz frühphasig tolle Ideen zu unterstützen und die zu einem Zeitpunkt auch mit zu begleiten, wo sie eigentlich noch nicht wirklich greifbare ökonomische Wirkung haben?“ Das ist ein Bereich, der ist wirklich wahnsinnig spannend. Da bist du jedes Mal ganz, ganz früh am Puls der nächsten technologischen Entwicklung dran. Also das ist, glaube ich, einer der Bereiche, die ich mit am faszinierendsten finde. Nichtsdestoweniger, eigentlich wirklich quer durch alle unsere Bereiche, sind wir in der Lage, gemeinsam mit unseren Mandanten wirklich etwas zu bewegen. Und das ist echt spannend, macht einfach Spaß. Persönlich, glaube ich, sind die Projekte, bei denen du das Gefühl hast, Unternehmen in ihrer Standort- und Produktionsumstellung zu begleiten, diejenigen, bei denen du den größten Hebel unmittelbar siehst. Deswegen sind die persönlich gerade auch so mit am befriedigendsten.
Interviewer:in: Hans Bernd, mir fehlt jetzt noch dein größtes Erfolgserlebnis.
Hans Bernd: Mein größtes Erfolgserlebnis? Ganz ehrlich gesagt, es sind in der letzten Zeit zwei Sachen gewesen. Ich hatte angefangen mit dem Unternehmen, das wir an die Börse gebracht haben. Mein größtes Erfolgserlebnis ist, dass wir zwei Sachen gemacht haben. Wir haben das Unternehmen erfolgreich an die Börse gebracht, auch zum Thema Nachhaltigkeit. Wir haben aber zwei Sachen bewirkt: Wir haben eine Veränderung im Unternehmen bewirkt, also eine höhere Visibilität vom Thema Sustainability, aber auch mit einem pragmatischen Prozess und Ansatz dahinter, das Ziel zu verfolgen. Das sind so Themen, wo ich dann immer sage: „Das macht mir Spaß.“ Das ist ein großer Erfolg, den mache ich nicht alleine, den machen wir immer im Team gemeinsam cross-business bei uns bei Deloitte. Ansonsten bin ich schon so lange dabei, dass ich mich immer freue, jeden Tag kleine Erfolge zu haben. Wenn ich wieder sehe, mir den Bericht anschaue von einem Unternehmen, bei dem ich vor zehn Jahren die Strategie gemacht habe, wo man dann ja auch Ziele festlegt – mittelfristige Ziele –, wie das Unternehmen daran arbeitet und seine Ziele dann auch zum größten Teil erreicht hat, nicht immer, aber zum größten Teil erreicht hat, dann freut mich das umso mehr. Von der Seite verfolge ich natürlich viele Projekte und bin in vielen Projekten dabei. Ich glaube, das ist für uns persönlich, glaube ich, Thomas, und da stimmst du mir, glaube ich, zu, Ansporn genug. Ich glaube aber auch für unsere Teams, die jetzt in diesem Umfeld arbeiten. Es sind, wie gesagt, nicht nur rein Sustainability-Experten. Wir haben gerade so ein bisschen über die Komplexität gesprochen. Wir als Deloitte brauchen dort viele Köpfe, viele intelligente Menschen, die aus unterschiedlichsten Themen kommen, mit einem unterschiedlichen Mindset. Und das ist wieder, wo ich dann auch mit schließe, das Thema Diversity, wo wir uns dann auch immer freuen, ein sehr diverses Team zu haben, das uns dann bei diesen Projekten unterstützt.
Interviewer:in: Ich danke euch sehr fürs Gespräch.
Hans Bernd: Wir haben zu danken.
Thomas: Vielen Dank dir, May.
Outro: You got Mail!Lieber Hans Bernd, lieber Thomas, wow, was für ein Rundumschlag! Von der Standortwahl beim Bau eines neuen Zementwerks bis zur Innovationsförderung war ja alles dabei. Wahnsinn, ich fühle mich gut abgeholt. Danke! Unter der Strategie konnte ich mir etwas vorstellen, aber dass auch der Bereich Tax und Legal so einen Einfluss hat, das wusste ich nicht.
Interviewer:in: Jetzt muss ich nur noch herausfinden, wo ich mich bewerben muss, wenn ich mit euch zusammen die Welt verändern will. Tschüss und bis bald im Büro! Das war eine neue Folge von Re:Future. Re:Economy. In dieser Staffel geht es ganz um das Thema Nachhaltigkeit und darum, wie man mit dem richtigen Job einen wirklichen Impact in diesem Feld leisten kann – beispielsweise bei Deloitte, wo man wirklich etwas verändern kann, indem man Unternehmen hilft, die neuen Nachhaltigkeitsregularien umzusetzen, Strategien für nachhaltiges Wirtschaften zu entwickeln oder sie in Sachen Finanzen oder Steuern berät. Neugierig geworden? Deloitte bietet fortlaufend unterschiedlichste Einstiegsmöglichkeiten. Das reicht von dualen Studiengängen über Praktika bis hin zum Festeinstieg. Schaut doch einfach mal vorbei auf jobs.deloitte.com. In der nächsten Folge geht es dann um das Thema Berichterstattung. Nein, das hat nichts mit Medien zu tun, sondern mit Transparenz und Bürokratie und damit, was das alles mit Nachhaltigkeitsstrategien zu tun hat. Weiter hilft mir da Sebastian Dingel. Also schaltet wieder ein zu einer neuen Folge Re:Future. Re:Economy. Die findet ihr überall, wo es Podcasts gibt. Und wenn euch die Folgen gefallen haben, dann lasst uns gern ein Abo da.
Berichtswesen, Bürokratie und Regulatorik – bremsen sie uns aus auf dem Weg in die Nachhaltigkeit? Oder sind sie vielleicht sogar essenziell? Und wer definiert überhaupt, wer und was „grün“ tatsächlich ist? Sebastian ist als Partner im Bereich Audit & Assurance mit diesen Fragestellungen vertraut. In der vierten Folge gibt er Antworten und macht deutlich, warum Transparenz ein wesentlicher Hebel auf dem Weg in die Nachhaltigkeit ist.
Re:Future. Re:Economy - Wieviel Bürokratie und Regulatorik brauchen wir eigentlich?
Intro: You got mail an Sebastian Dingel, Partner Audit and Insurance, Deloitte.Betreff: Wie führt Transparenz zu mehr Nachhaltigkeit? Lieber Sebastian,ich mache mir viele Gedanken dazu, wie wir möglichst schnell den Klimawandel und das Artensterben abwenden oder zumindest die Folgen abschwächen können.Wir müssen dafür möglichst schnell die Wirtschaft umstellen, und zwar weltweit.Im Moment geht mir das echt zu langsam.Die Unternehmen müssen zwar ihre Nachhaltigkeitsprüfungen offenlegen, wie sie wirtschaften und welchen Footprint sie haben und wie sie die Umwelt verschmutzen.Aber das war's dann auch schon. Sie müssen vielleicht ehrlich sein, aber in ihrer Wirtschaftsweise muss sich nichts ändern.Kannst du mir mal erklären, wie diese Transparenz bitteschön zu mehr Nachhaltigkeit führen soll? Die machen doch eh das, was sie immer gemacht haben, oder?Interviewer:in: Ja, hallo Sebastian. Herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts Re:Future. Re:Economy mit dem Fokus auf dem Thema Nachhaltigkeit. In der letzten Staffel sind wir ja schon mal aufeinander getroffen, aber offenbar ist ein Trend gesetzt, denn dieses Mal drehen sich gleich neun Folgen um das Thema. Freut dich das? Sebastian: Zum Glück war ich damals schon nicht der Einzige, der hier in dem Thema unterwegs war. Was man aber tatsächlich sieht, ist, dass sich das Thema viel weiter gesponnen hat. Damals haben wir gesprochen nur über Nachhaltigkeitsberichterstattung – haben wir jetzt auch heute als Fokus. Aber was drumherum passiert sind ja die ganzen Themen rund um Dekarbonisierung, wie bekomme ich das auch vielleicht mit IT-Systemen unterstützt und so weiter und so weiter. Und ja, das freut mich, weil es natürlich heißt, dass tatsächlich etwas passiert. Interviewer:in: Du kommst ja aus dem Bereich Audit, also aus der Prüfung. Was ist da ganz kurz für unsere Hörer:innen noch mal dein Job und wie trägst du konkret zu mehr Nachhaltigkeit bei? Sebastian: Richtig. Im Audit geht es primär darum zu sagen: Was ist mit dieser Nachhaltigkeitsberichterstattung eigentlich los? Beziehungsweise: Ist das Zeug, was hier auf dem Markt platziert wird und von den Unternehmen gebastelt wird, ist das denn überhaupt verlässlich?Das ist enorm wichtig, weil letzten Endes geht es ja darum, dass wir Informationen irgendwo zusammentragen, die dann letzten Endes dazu dienen, Entscheidungen zu treffen. Und im Bereich Audit, verantwortlich bei uns im Bereich Sustainability Insurance – so heißt das – will heißen, wir prüfen wir Nachhaltigkeitsberichte genau im Hinblick darauf, ob sie inhaltlich vertretbar, richtig, angemessen und vollständig sind. Interviewer:in: Gehen wir noch mal einen Schritt zurück. Du hast jetzt gerade schon die Nachhaltigkeitsberichte angesprochen. Was versteht man denn ganz genau unter so einer Berichterstattung? Sebastian: Ja, das hat jetzt weniger mit Tagesschau oder so etwas zu tun, sondern es geht letzten Endes darum, dass man – nennen wir es mal – ein fixes Format hat, das dazu dient, Informationen zwischen beteiligten Interessenten auszutauschen.Was meinen wir damit? Ganz konkret: Primär geht es ja darum, dass Unternehmen am Markt tätig sind und Investoren in diese Unternehmen investieren oder halt auch nicht. Dafür muss man irgendwo Informationen mal wirklich für alle Marktteilnehmer gebündelt zusammenfassen. Und das ist halt dann diese Nachhaltigkeitsberichterstattung oder das Äquivalent wäre dann nachher die Finanzberichterstattung. Interviewer:in: Und wo landet dieser Bericht denn? Also für wen ist der relevant? Wer kann den lesen? Sebastian: Den Bericht kann erstmal grundsätzlich jede:r lesen. Das heißt, die werden veröffentlicht. Meistens findet man die Sachen auf den Homepages von den Unternehmen.In allererster Linie, wenn wir jetzt mal an unsere primäre Perspektive denken, geht das natürlich schon um Shareholder, also im Prinzip Investoren und Unternehmen untereinander. Aber es ist natürlich auch so, dass beispielsweise solche Informationen relevant sind für Kund:innen, dass sie relevant sind, vielleicht auch für potenzielle Mitarbeitende oder auch – ich sag mal ganz einfach – für die Communities, die an einem Ort sitzen und wissen: Hier ist ein großes Unternehmen, und was macht dieses Unternehmen eigentlich? Was für einen Umwelt-Footprint hat es denn und so weiter. Interviewer:in: Jetzt bist du ja schon eine ganze Weile im Audit unterwegs und hast dir ja schon die Berichte der letzten – will dir jetzt nicht zu nahe treten, aber ich sag mal – zehn Jahre doch sicherlich schon angeguckt. Da kannst du ja sicherlich auch ablesen, was so wirklich was bringt in Sachen Nachhaltigkeit. Also vielleicht kannst du uns mal kurz erzählen: Was haben denn Unternehmen so in den letzten Jahren ausprobiert, um nachhaltiger zu werden? Und was hat wirklich was gebracht? Sebastian: Das war aber nett, dass du mich jetzt alt genannt hast. Ich würde das aber – also ein bisschen stimmt das ja auch. Ich sehe den ganzen Kram jetzt schon seit eineinhalb, zwei Jahrzehnten, und da ist natürlich eine Entwicklung. Also damals, als wir beide noch viel jünger waren, war es eher so, dass es hier um Prospekte ging, und daneben haben stolz berichtet, dass die Kindergärten um die Ecke gesponsert haben und dergleichen mehr. Das war auch in aller Regel überhaupt nicht vergleichbar, sondern jede:r hat sich letzten Endes selber herausgesucht, was sie denn gerade für relevant oder auch marketingtechnisch wichtig fanden.Das hat sich maßgeblich geändert, und sehr, sehr viel hat das mit Regulatorik zu tun. Warum ist die Regulatorik so wichtig? Weil letzten Endes ist es natürlich so: Wenn wir diese Informationen selber als entscheidungsrelevant einstufen, will auch jedes Unternehmen sich vergleichen mit anderen und den Fokus legen, sich selber weiterzuentwickeln. Das funktioniert natürlich nicht, wenn – wie in der Vergangenheit – über 1.200 Standardsetter unterwegs sind, die alle für sich selber in Anspruch nehmen, das „One and Only Sustainability“-Rahmenwerk definiert zu haben und die Unternehmen dann die Qual der Wahl haben, wonach sie denn berichten und wir hatten einen riesigen Dschungel von unterschiedlichsten Formaten, Inhalten und dergleichen haben. Da hat die Regulatorik einfach unheimlich nachgeschärft. Das fing schon 2015 an mit dem Pariser Klimaschutzabkommen, das sich dann halt in den EU-Regulatorien ab 2017 niedergeschlagen hat. Und da sehen wir jetzt gerade mit der sogenannten CSRD den nächsten großen Schritt, weil die kommt mit einem sehr detailliert ausdefinierten Katalog daher, den alle Unternehmen in Europa anwenden müssen. Und damit habe ich natürlich den Hebel, auch als Investor wirklich belohnen zu können, wenn sich ein Unternehmen in eine grüne Richtung entwickelt.
Interviewer:in: Und was heißt belohnen in dem Zusammenhang? Sebastian: Das ist inzwischen relativ hart. Ich fange erstmal mit dem Negativbeispiel an: Als Investor schaue ich ja relativ stark darauf auch, wie wird ein Unternehmen denn bewertet, gehandelt am Aktienmarkt und so weiter. Und wenn jetzt ein Unternehmen mit einem Compliance-Verstoß, Menschenrechtsverstoß oder dergleichen belastet ist, dann weiß ich als Investor, dass das ein Risiko darstellt für den Wert, den ich da halt jetzt gerade in meinem Portfolio habe. Das heißt, Investoren gehen ganz aktiv hin und sagen, je nachdem, was sie als wichtig erachten: Wenn hier eine rote Lampe aufleuchtet, schmeißen sie Unternehmen sehr systematisch aus ihren Investitionsportfolios raus – desinvestieren.Was heißt ansonsten belohnen? Ansonsten heißt halt Belohnung auch, dass ich beispielsweise Kredite kopple – also beim Green Financing – an die Frage: Wohin sollen denn eigentlich die Gelder fließen? Was soll denn damit passieren? Wenn jetzt jemand hier eine Dekarbonisierungsmaßnahme oder eine Umweltschutzmaßnahme damit finanzieren möchte, kann ich vielleicht einen günstigeren Zinssatz haben, als wenn ich da mit beispielsweise einfach nur eine per Definition vielleicht gar nicht so grüne Produktion ausweiten möchte.
Interviewer:in: Und dieses CSRD, von dem du gesprochen hast – welchen Impact hat das? Sebastian: Die Corporate Sustainability Reporting Directive – so heißt das Monster – die ist letzten Endes jetzt der nächste Schritt der EU-Kommission zu sagen: Wir wollen, dass alle Unternehmen vergleichbar diese Berichterstattung erstellen müssen.Das heißt, sie hat erstmal festgelegt, dass alle Unternehmen ab einer gewissen Größe, egal ob sie jetzt börsennotiert sind oder nicht, berichten müssen. Das ist ganz wichtig, weil diese Unternehmen natürlich immer noch sehr wichtig sind in den Lieferketten.Ja, die Unternehmen arbeiten ja nicht alleine für sich in ihrem eigenen Kosmos, sondern haben Kund:innen, haben Lieferant:innen und dergleichen mehr. Und wenn jetzt alle an dem großen System mitarbeiten, hilft das natürlich. Das ist das eine.Das nächste ist: Sie sagt sehr klar, dass dieser Katalog an Detail-KPIs genutzt werden muss, und sie definiert auch, wie ein Unternehmen denn selber vorgehen muss, um herauszufinden, was für das Unternehmen berichtspflichtig ist/wesentlich ist.
Interviewer:in: Es müssen also alle Unternehmen ihre Art zu wirtschaften offenlegen, auch die Impacts, die sie dadurch auf die Umwelt haben. Das heißt ja nicht unbedingt, dass sie dadurch auch wirklich nachhaltiger wirtschaften, sondern sie müssen ja erstmal nur gestehen, sag ich mal, wie sie wirklich agieren. Wieso hat das trotzdem so viel Impact?
Sebastian: Aus zweierlei Gründen:Zunächst einmal der erste Grund: Sie müssen nicht nur sagen, wo sie heute stehen, sondern sie müssen auch sagen, wo sie eigentlich hinwollen. Damit gebe ich natürlich Transparenz wieder an meine Investoren, aber auch an alle anderen: Was ist denn eigentlich das Anspruchsniveau von so einem Unternehmen?Das andere ist die Marktdynamik, die natürlich entsteht. Wir merken das zum Beispiel sehr stark in der Automobil- und Automobilzuliefererindustrie, wo die Automobilhersteller Mechanismen aufgebaut haben, wo sie von den Zulieferern schon sehr spezifisch verlangen, zu verstehen: Was ist denn der CO2-Footprint dieser ganzen Teilkomponenten und dergleichen mehr? Weil sie letzten Endes ja auch für ein Produkt stehen mit einem gewissen CO2-Footprint.Das ist der gleiche Mechanismus, den ich gerade auch genannt habe, wenn wir über das Thema Refinanzierung reden. Das ist aber auch beispielsweise – sehen wir das heutzutage bei Preisverhandlungen –, dass oftmals der Preis gekoppelt wird an einen CO2-Footprint.Oder wir nehmen wahr, dass es dann so Geschichten – Einkaufsverhandlungsgeschichten – gibt, die da sagen: Also, tut mir leid, wir können den Preis mit dem CO2-Footprint, das können wir so nicht machen.Und das ist natürlich im Gesamtzusammenhang der ganzen Systeme und Unternehmen und Marktteilnehmer und so weiter unglaublich sich selbst verstärkend, weil überall Rückkopplungseffekte entstehen. Interviewer:in: Und würdest du sagen, dass das auch international wirkt? Also manche Gegner:innen von diesen neuen Regularien sprechen ja eher davon, dass das zu einem Wettbewerbsnachteil für europäische oder auch für deutsche Unternehmen führt, wenn die denn dann jetzt plötzlich diesen starken Regularien ausgesetzt sind. Sebastian: Das ist ja eine relativ alte Frage, die gab es vorher schon – also damals zu diesen 1.200 unterschiedlichen Rahmenwerkszeiten – nach dem Motto: Das macht überhaupt keinen Sinn zu berichten, hier berichtet eh jede:r, was sie will. Wir sind überhaupt nicht vergleichbar.Jetzt kann man natürlich sagen: Erstmal für Europa – und dass wir kein ganz kleiner Wirtschaftsraum sind – haben wir das Gegenargument komplett ausgehebelt. Das ist erstmal nicht mehr da. Das nächste, was wir auch sehen, ist: Das strahlt ja auch über Europa hinaus. Also wir haben ganz viele Industrien, auch gerade in Deutschland, die davon abhängig sind, dass Rohstoffe, Vormaterialien von außerhalb Europas beschafft und zugeliefert werden. Das heißt, das betrifft das auch. Es betrifft auch die ganzen Tochtergesellschaften von unseren international tätigen Unternehmen, die ebenfalls um die Welt herum verstreut sind. Das heißt, das nimmt man erstmal alles wahr. Und das nächste, was dann natürlich kommt, ist: Es ist nicht nur Europa, die das Thema Klimawandel, Nachhaltigkeit, Sustainability erkannt haben, sondern das ist schon insgesamt gesellschaftlich durchaus angekommen, wird von den Regulator:innen, von der Politik weitergetrieben. Das heißt, wir sehen Gesetzesinitiativen in den USA. Wir sehen Sachen in Australien. Und wir sehen übrigens auch Sachen in China, die da passieren – jetzt vielleicht weniger stark regulatorisch. Und wir können sicherlich auch viel über die Kohlekraftwerke in China sprechen. Aber wenn wir beispielsweise schauen, wie sich die Exportvolumina in China entwickelt haben, stellen wir plötzlich fest, dass hier ganz stark Nachhaltigkeitsprodukte nach vorne gebracht wurden – ob das jetzt E-Autos sind, Solaranlagen oder Zulieferteile oder dergleichen mehr. Das heißt, auch hier ist jenseits von Berichterstattung auch schon die Folgekonsequenz von „Man baut um“ erkennbar.
Interviewer:in: Das heißt, dieser Hang zu mehr Transparenz, der ist sozusagen auch global schon von Bedeutung. Also könnten wir eigentlich mit dem richtigen bürokratischen Rahmen – also wenn wir die richtigen globalen Maßstäbe schaffen würden – dann auch insgesamt die Wirtschaft global nachhaltiger machen? Oder ist das zu hoch gegriffen? Sebastian: Nee, aber ich mag sehr, wie du die Frage formuliert hast.
Interviewer:in: Danke.
Sebastian: Weil tatsächlich geht es ja darum, dass die Berichterstattung nur einen Beitrag leistet in die Gesamttransformation hinein.Sie leistet, glaube ich, einen ganz wichtigen Beitrag, weil die Berichterstattung kommt mit der Regulatorik. Und letzten Endes ist die Regulatorik Ausdruck dessen, was man sich gemeinsam überlegt hat, was „grün“ überhaupt bedeutet oder was für eine Transformation überhaupt notwendig ist. Deswegen ist diese gesamte Berichterstattung und die Regulatorik auch so wichtig. Dieser Ausdruck dessen: „Wir wollen als – vielleicht ist das sehr weit gegriffen – aber als Weltgemeinschaft in eine gewisse Richtung steuern, und wir haben ein Verständnis davon, was denn diese Richtung sein soll. In allen möglichen E-, S- und G- Bereichen.“ Und dann hab ich natürlich über die Transparenz zu diesem globalen Pfad auch ein Verständnis von: Wer läuft denn jetzt hier schneller auf dem Weg und wer läuft etwas langsamer?Und das ermöglicht eigentlich erst, dass alle gemeinsam immer wieder nachdenken können: Was ist denn zu tun? Wie kann es getan werden? Was hat das vielleicht auch für ökonomische Konsequenzen und so weiter und so weiter. Interviewer:in: Okay, ich hör raus: Du bist ein Transparenzfan und ein Bürokratiefan. Sebastian: Ich bin erstmal überhaupt kein Bürokratiefan. Ich glaube, das ist eher ein notwendiges Übel, was hier mit reinkommt, weil wir brauchen natürlich irgendwo einen gewissen Reifegrad. Und ich glaube, man kann auch mit Fug und Recht verstehen, warum gerade kleinere Unternehmen darunter leiden.Das ist alles schon enorm aufwendig. Und das ist ja nicht nur ein Einmalaufwand, sich einmal da auf den Weg zu machen, sondern es wird uns ja weiter begleiten.Ich bin aber schon ein Freund von Transparenz und von klaren Regeln in dem Bereich, weil wenn wir nicht wissen, woran wir uns eigentlich orientieren wollen, dann ist es unheimlich schwierig, da in die Richtung zu gehen.Und eine gewisse Regulatorik brauchen wir auch – und das ist meistens halt dann das Gegenwort zu Bürokratie. Das brauchen wir einfach, damit überhaupt sichergestellt ist, dass alle auch diese Transparenz gewährleisten.Wir werden sicherlich jetzt in der Zukunft sehen, wie sich das weiter abschichtet – also wer muss wie viel Bürokratie tatsächlich machen?Eins mag man aber auch sagen: Diese ganze Nachhaltigkeitsberichterstattung ist ein unheimlich junges Thema. Wenn wir uns überlegen, wie viele Jahrhunderte die Finanzberichterstattung eigentlich schon auf dem Buckel hat und wie schnell oder auch eben mit wie viel Zeit sich da neue Standards entwickelt haben und wie viel Zeit gegeben wurde.Und das mal vergleicht zu dem, was in den letzten fünf Jahren passiert ist in Nachhaltigkeitsberichterstattung, kann man vielleicht einfach nur festhalten, dass hier enorm viel Gas gegeben wird und darunter natürlich auch ein bisschen vielleicht leidet die Ausdifferenzierung und dergleichen mehr. Und das führt dann halt doch manchmal zu etwas zu viel Bürokratie in der Umsetzung. Interviewer:in: Ich danke dir fürs Gespräch. Sebastian: Vielen Dank.
Outro: You got Mail.
Lieber Sebastian,
Mensch, da habe ich mich ja in meiner letzten Mail ganz umsonst aufgeregt.Ich wusste ja gar nicht, dass die neue Regulatorik und die Nachhaltigkeitsprüfung für alle Unternehmen so viel bringt - auch global.Danke, dass du mich erhält hast, das werde ich gleich mal meinen Freunden erzählen, die sich auch immer gefragt haben, was das eigentlich soll und diese Podcastreihe empfehle ich denen gleich mit.
Das war eine neue Folge von Re:Future. Re:Economy. In dieser Staffel geht es ganz um das Thema Nachhaltigkeit und darum, wie man mit dem richtigen Job einen wirklichen Impact in diesem Feld leisten kann. Beispielsweise bei Deloitte, wo man wirklich etwas verändern kann, indem man Unternehmen hilft, die neuen Nachhaltigkeitsregularien umzusetzen oder Strategien für nachhaltiges Wirtschaften zu entwickeln oder sie in Sachen Finanzen oder Steuern berät.Neugierig geworden? Deloitte bietet fortlaufend unterschiedlichste Einstiegsmöglichkeiten das reicht von dualen Studiengängen über Praktika bis hin zum Festeinstieg. Schaut doch einfach mal vorbei auf job.deloitte.com.In der nächsten Folge geht es dann um Nachhaltigkeit in der Supply Chain. Dann will ich von Alexis Garbade-Jones wissen, welche Möglichkeiten unternehmen haben, nachhaltiger zu wirtschaften, indem sie ihre Supply Chain anpassen. Und welchen Impact deutsche Unternehmen durch das Lieferketten Sorgfaltspflichtengesetz auch auf nachhaltiges Arbeiten und Wirtschaften im Ausland haben können.Schaltet also wieder ein zu einer neuen Folge Re:Future. Re:Economy überall, wo es Podcasts gibt.
Lieferketten sind meist sehr komplex und selten gut überschaubar. Sind sie von Anfang bis Ende „sauber“, können sie ein starker Hebel für eine nachhaltige Wirtschaft weltweit sein. Warum? Sie beginnen schon beim Produktdesign, betrachten Rohmaterialien und Zulieferer und reichen bis zum Ende der Nutzungsphase eines Produkts. Alexis, Senior Manager im Bereich Consulting, nimmt uns in der fünften Folge mit auf die Reise entlang der Lieferkette.
Re:Future. Re:Economy - Wie wird die gesamte Lieferkette klimafreundlich?
Intro: You got mail. An Alexis Garbade-Jones, Senior Manager Consulting Deloitte. Betreff: Sustainable Supply Chain Lieber Alexis,ich habe gestern einen Vortrag von dir zum Thema Sustainable Supply Chain gehört und ich möchte mich bedanken, das war wirklich super interessant und ich habe so viel über die nachhaltige Wertschöpfungskette gelernt.Am liebsten würde ich mich ja auch mit diesem Thema beschäftigen. Und wie du Unternehmen berätst, wie sie nachhaltiger werden und ihre Lieferketten grüner gestalten können. Kannst du mir verraten, wie ich an einen Job wie deinen komme?Ich stelle mir vor, dass du mit deiner Arbeit in der Beratung bei Deloitte die Welt wirklich tagtäglich ein bisschen nachhaltiger und grüner machst. Vielleicht bin ich naiv oder nicht? Wie sieht dein Arbeitsalltag so aus und wie komme ich in dein Team?Interviewer:in: Ja, hallo Alexis, schön, dass du da bist. Wenn jemand so direkt und neugierig fragt, dann soll er auch eine Antwort bekommen. Also erzähl doch mal, wie sieht dein Job genau aus? Alexis: Ja, hi! Also vielen Dank für die Frage und für die Einladung. Mein Job ganz genau, also Unternehmensberater:in, das heißt, ich bin ganz viel bei verschiedenen Industrieunternehmen unterwegs. Ich persönlich ganz viel bei Automobilherstellern und habe da auch, glaube ich, alle großen deutschen Automobilhersteller schon beraten. Habe Projekte mit ihnen gemacht, im Inland wie im Ausland. Ich war auch viel in Mexiko unterwegs, in Brasilien, in den USA und natürlich sehr viel in Deutschland. Und grundsätzlich sieht es so aus, dass der Kunde hat immer ein Problem oder eine Fragestellung oder hat Schwierigkeiten, bestimmte Aufgaben zu beantworten oder braucht einfach Hilfe dafür, um Strategien in Richtung einer nachhaltigen Supply Chain zu definieren, zu entwerfen, zu implementieren. Und hier komme ich ins Spiel und kann immer helfen. Wir haben verschiedene Teams, um das dann mit den verschiedenen Fragestellungen zu beantworten.Interviewer:in: Was es denn schwer, deinen Job zu kriegen? Also wie bist du da gelandet, wo du jetzt bist? Alexis: Ich bin dort gelandet, einfach über die Uni. Deloitte hatte sich bei uns an der Uni vorgestellt, wie auch viele andere Unternehmensberatungen. Aber ich muss sagen, damals war Deloitte, die die am schnellsten geantwortet haben und auch im Interviewprozess – ich hatte insgesamt fünf Interviews oder auch Case Studies, wie wir sie nennen, durchgemacht. Und ich sage mal, im Nachhinein war es nicht so schwer, ihn zu bekommen, weil es hat ja geklappt. Aber natürlich hatte ich mich viel vorbereitet, hatte Case Studies geübt, hatte mein CV gut aufbereitet und mich entsprechend einfach vorbereitet. Und dann waren es sehr natürliche Gespräche immer. Und das Team, das mich interviewt hat, die verschiedenen Interviewleute waren immer einfach sehr offen, sehr menschlich und es hat sehr gut gepasst. Und dann, ja, hat es geklappt. Das ist jetzt schon acht Jahre her. Keiner geht in die Beratung, um acht Jahre zu bleiben, aber es hat einfach immer Spaß gemacht und deswegen bin ich bis heute da.Interviewer:in: Ja, das klingt ja, als wäre dein Job ganz abwechslungsreich auch. Der Schreiber dieser Mail, der will ja schon ganz konkret – ihn interessiert das Thema nachhaltige Lieferketten, mit denen du dich ja auch viel beschäftigst. Und auch er würde sich am liebsten den ganzen Tag damit beschäftigen, sagt er sogar. Vielleicht kannst du ja mal erläutern, was man so unter einer nachhaltigen Lieferkette ganz genau versteht. Alexis: Ja, eine nachhaltige Lieferkette – ich fang mal so an: Was ist die normale Lieferkette? Grundsätzlich kommen wir ja aus einer Welt, in der wir viel die Produkte einfach „Take-Make-Waste“ hergestellt haben. Das heißt, wir haben Ressourcen aus der Erde oder Ressourcen einfach verarbeitet, haben die Produkte dann günstig hergestellt, irgendwie versucht, immer kostengünstig zu machen, ohne jetzt darauf zu achten, wie man danach am Ende des Lifecycles mit dem Projekt umgeht. Das heißt, wie würde ich das Projekt danach entweder recyceln oder remanufacturing oder weiterverwenden oder einfach wieder aufbereiten? Und in der nachhaltigen Lieferkette ist es ein bisschen anders. Man schaut einfach von Anfang – also vom Produktdesign - über das Beziehen der Materialien, über die Produktion und dann eben auch danach Konzepte, um Produkte wieder reparieren zu können, wie man das einfach nachhaltig gestaltet. Das heißt, man fängt mit einer ganz anderen Idee an. Man designt ein Produkt so, dass man es reparieren kann, dass man es upgraden kann oder dass man auch Materialien nicht mehr legiert oder eben Verbundstoffe wieder auseinandernehmen kann. Und das heißt, es fängt beim Produktdesign an. Wenn wir dann weitergehen in das Sourcing, also das Beziehen der Materialien, gucken wir: Wo können wir diese Materialien wirklich nachhaltig herbekommen? Wie bekommen wir diese Materialien? Also wir wollen ja – es gehört auch dazu, dass man zum Beispiel Menschenrechte beachtet. Und gerade in Drittländern oder bei seltenen Erden ist es immer ein großes Thema. Wie werden diese seltenen Erden gefunden? In welchen Arbeitskonditionen arbeiten die Menschen, die das machen? Und dann auch die Logistik. Also grüne Logistik ist ein großes Thema. Wie kann ich denn eine Logistikkette erstellen, die sehr nachhaltig ist, mit weniger CO₂-Emissionen? Und dann eben über den Verbrauch bis zum Ende der Nutzungsphase des Produktes, wo es dann darum geht, nicht das Produkt einfach wegzuschmeißen, sondern wirklich dem Produkt eine zweite Lebensdauer zu geben oder es wieder upzugraden. Und das kann man darunter verstehen unter der nachhaltigen Lieferkette.Interviewer:in: Was rätst du denn Unternehmen, die jetzt ihre Lieferkette nachhaltiger gestalten wollen? Also gibt es da besondere Strategien, die sie verfolgen können? Alexis: Ja, also es kommt natürlich immer darauf an, wo steht das Unternehmen derzeit und was ist so das Produkt, das das Unternehmen verkauft? Es gibt natürlich ganz viele Ansätze, aber man muss jedes Unternehmen erstmal individuell betrachten. Das heißt, was machen sie denn derzeit schon? Machen sie schon irgendwas oder sind sie ganz am Anfang? Und wenn sie ganz am Anfang sind, dann gibt es natürlich 100 Hebel, aber man kann auch nicht alles auf einmal machen. Das heißt, man muss einfach ganz klar schauen, priorisieren, wo fängt man an? Und natürlich ist erstmal in erster Linie zu schauen: Was ist das Produkt und ist das Produkt an sich nachhaltig oder kann man das Produkt an sich irgendwie vielleicht nachhaltiger gestalten? Und dann eben auch, wie wir gerade gesagt haben, die ganze Lieferkette für das Produkt selbst. Also man muss erstmal anfangen, ein bisschen Transparenz zu schaffen: Wo sind denn sozusagen meine größten Schwachstellen derzeit und wo sind so die größten Hebel? Wo kann ich am meisten bewirken in den ersten Schritten? Und das sozusagen – wir nennen es immer eine Roadmap. Man muss sich dann hier eine Roadmap aufstellen und dann einfach definieren, wo fangen wir an? Und ja, Schritt für Schritt sich hinarbeiten.
Interviewer:in: Wie reagieren Unternehmen denn auf die neuen Anforderungen? Sind da alle begeistert davon, dass sie sozusagen plötzlich nachhaltiger werden müssen in ihrer Lieferkette? Alexis: Alle begeistert ist natürlich schwierig. Es kostet erstmal viel Geld und es ist sehr viel mehr Aufwand. Und wir leben in Zeiten, wo jetzt ganz viele Sachen auf Unternehmen zukommen. Es ist nicht nur der Aspekt der Nachhaltigkeit, sondern auch alle Lieferketten – wir nennen es Supply Chain Disruptions – durch Corona, mit dem Chipmangel, mit Engpässen von Lieferteilen. Also viele Unternehmen bekommen gar nicht mehr alles, was sie bestellen. Und on top kommt jetzt eben noch auch das Thema der Nachhaltigkeit. Und das sind alles Aspekte, die wirklich für Unternehmen sehr schwierig sind, weil sie in sehr turbulenten Zeiten sind. Erstmal sehen sie Mehrkosten und damit haben auch viele zu kämpfen, weil eine Investition getätigt werden muss, um in der Zukunft überlebensfähig zu sein. Und auch bei der Regulatorik, die einfach reinkommt und die Unternehmen sozusagen verpflichtet sein werden, hier zu agieren. Aber sind sie jetzt alle begeistert? Es ist einfach sehr viel Arbeit und einiges an Kosten, was jetzt erstmal auf sie zukommt. Die Vorreiterunternehmen sehen das schon auch als Chance – das ist eine Chance, neue Märkte zu ergattern, das ist eine Chance, teils neue Geschäftsmodelle zu finden und sich einfach auch neu zu erfinden.Interviewer:in: Das heißt, es kann auch wirtschaftliche Vorteile haben, wenn man nachhaltiger wird? Alexis: Ja, also es gibt durchaus neue Geschäftsmodelle, die einfach neue Einnahmequellen bringen können für einige Unternehmen. Aber man muss auch ganz ehrlich sein: Es ist jetzt nicht so, dass die Nachhaltigkeit erstmal direkt eine neue Quelle ist, sondern erstmal braucht man auch Langzeitinvestitionen. Aber man muss eben auch sagen: Wenn man diese Investition nicht tätigt, dann wird man in der Zukunft nicht mehr in der Lage sein, wirklich wettbewerbsfähig zu sein oder sogar zu überleben. Weil es geht wirklich darum, dass die Schritte, die Unternehmen jetzt einleiten müssen, wichtige Schritte sind, um zukunftsfähig zu werden. Und wenn jetzt jemand oder ein Unternehmen jetzt nichts tut, dann kann man wirklich sehr stark davon ausgehen, dass es in Zukunft nicht mehr auf dem Markt überleben wird.Interviewer:in: Jetzt hast du ja schon diese nachhaltige Lieferkette angesprochen. Zur Lieferkette gehören ja ganz viele verschiedene Schritte, ganz viele verschiedene Subunternehmen, Subunternehmer:innen. Wie kann man denn überhaupt kontrollieren, ob wirklich alle Bestandteile eines Produkts nachhaltig produziert wurden? Alexis: Ja, also man kann – 100 Prozent ist es vielleicht schwierig – aber was man natürlich schon tun kann, ist sozusagen Lieferanten-Audits. Man kann in seiner Supply Chain runtergehen zu seinen Tier-One-Lieferanten und man kann mit ihnen ganz klar definieren, wie sie zu agieren haben, wie sie mit ihren Mitarbeitenden umzugehen haben, welche Materialien sie benutzen dürfen, welche nicht. Und dann muss man das natürlich auditieren. Und dann geht es eben – das ist dann der schwierigere Teil – in die Sublieferanten. Das nennt man dann die CO₂-Lieferanten oder Tier-Three-Lieferanten. Das heißt, die Lieferanten der Lieferanten muss man auch auditieren, auch mal dahingehen, auch prüfen, entsprechen die den Qualitätsstandards beziehungsweise den Umweltstandards, die man sich als Unternehmen festgeschrieben hat? Und hier muss man selektiert Audits durchführen und mit den Lieferanten das gemeinsam auch machen. Es ist immer schwierig, wenn man einfach nur Auflagen den Lieferanten mitgibt und dann aber nicht vielleicht den Weg zeigt und gemeinsam in einem kollaborativen Umfeld versucht, das zu schaffen. Und kann man es immer hundertprozentig sicherstellen, dass alles nachhaltig ist? Nein, aber man kann schon einiges dafür tun, dass man ein gutes Gefühl hat und Transparenz hat in die Lieferketten von seinen Lieferanten.Interviewer:in: Jetzt produzieren ja viele Unternehmen auch im Ausland. Da herrschen dann vielleicht – so in unserer globalisierten Welt – woanders auch andere Nachhaltigkeitsstandards als vielleicht in Deutschland oder in Europa. Wie kann man denn da sicherstellen, dass die Supply Chain, also die internationale Lieferkette, auch nachhaltig ist? Alexis: Ja, also man kann den gleichen Approach auch wählen für Auslandslieferanten. Das ist jetzt nicht anders als im Inland. Natürlich hat man manchmal die Restriktionen – man kann jetzt nicht einfach zu Unternehmen, sag ich mal Sublieferanten gehen, ans Tor kommen und sagen: „So, wir wollen jetzt hier ein Audit machen.“ Aber das kann man sich natürlich schon auch alles im Vorhinein in die Verträge schreiben, dass man die besuchen möchte, dass man das prüfen möchte. Und das lohnt sich sicherlich, wenn es ein Unternehmen ernst meint, dass es wirklich mit einem Produkt an den Markt geht, wo man sagt: „Das ist 100 Prozent nachhaltig.“ Dann würde ich auch als Konsument:in erwarten, dass das auch stimmt und dass das auch geprüft wird.Interviewer:in: Jetzt halte ich diese Lieferkettenidee für eine extrem gute, ja? Also ich denke, das ist so ein Weg, wo man einfach – wenn wirklich die gesamte Lieferkette sozusagen bestimmte Nachhaltigkeitsstandards erfüllen muss – dass sie dann ja an allen Punkten gleichzeitig ansetzen müssen, um wirklich sozusagen wirtschaftlich nachhaltiger zu werden. Also ich habe da große Hoffnungen rein – du auch? Also das wäre meine nächste Frage: Wird uns die nachhaltige Lieferkette alle retten, oder wie siehst du das? Alexis: Durchaus glaube ich schon, dass die nachhaltige Lieferkette einen ganz wesentlichen Beitrag leisten wird für den richtigen Schritt in Richtung Umweltschutz, in Richtung Klimaschutz. Weil wir wissen es ja, dass viele Emissionen und alles kommen ja aus der Produktion von Produkten, von der Logistikkette und so weiter. Und natürlich spielt die Industrie einfach eine riesen Rolle. Und wenn wir es schaffen, hier eine nachhaltige Lieferkette aufzusetzen, dann haben wir schon mal einen sehr großen Teil. Weil wir reden ja von der Lieferkette inklusive dem Produkt. Also nehmen wir wieder zum Beispiel das Auto, dann reden wir ja von einem nachhaltigen Auto ohne CO₂-Emissionen und nachhaltiger Herstellung eines Autos ohne CO₂-Emissionen. Und wenn wir das dann über die gesamte Industrie machen, dann ist das schon sehr wichtig. Und deswegen investieren ja auch so viele Unternehmen. Aber auch kommt so viel Regulatorik durch Länder, weil wir alle wissen, da muss was gemacht werden. Und um deine Frage zu beantworten: Ja, also das ist ein großer Hebel, der uns durchaus den Klimaschutz teils retten kann.
Interviewer:in: Glaubst du, dass wir schnell genug sind damit? Alexis: Nein, wahrscheinlich sind wir nicht schnell genug. Wenn wir sehen, wie – ehrlicherweise – wie diesen Sommer die Hitzewellen noch weiter ansteigen und noch heißer sind als letzten Sommer und wir jetzt schon Temperaturen haben, die eigentlich vorhergesagt waren eher für 2030, dann kriegt man schon das Gefühl, dass der Klimawandel noch mal viel schneller kommt, als man dachte. Der Wandel Richtung nachhaltige Lieferketten ist aber auch nicht von heute auf morgen zu bewältigen. Das heißt, viele geben sich wirklich Mühe, aber es ist auch nicht ein Hebel, den man einfach umstellen kann von heute auf morgen. Und eben auch ein sehr kostspieliger Hebel.Interviewer:in: Hast du das Gefühl, dass du mit deinem Job die Welt trotzdem ein bisschen besser machen kannst? Also, was treibt dich an, wäre meine Frage. Alexis: Auf jeden Fall habe ich das Gefühl. Was treibt mich an? Ich habe immer eigentlich gesagt, ich will nicht auf Kosten anderer leben, oder auch „Doing good by doing well“ war immer so ein Motto für Unternehmen in der freien Wirtschaft. Ich fand, das muss doch möglich sein. Und deswegen glaube ich schon, dass ich natürlich ein ganz kleines Rad bewege, aber wir alle unseren Beitrag leisten können. Und wenn ich durch die Beratungsprojekte Unternehmen helfen kann, dass sie einen Schritt in die richtige Richtung tun können und dass sie am Ende vielleicht weniger CO₂-Emissionen haben, dann habe ich durchaus meinen Beitrag geleistet. Und das ist auch, was mich antreibt und wo ich meine Motivation her habe, weil ich durchaus sehe, dass wir da wirklich einen Impact haben, der ausschlaggebend ist und der hilft, in die richtige Richtung zu gehen.Interviewer:in: Hast du das Gefühl, dass du bei einer Beratung wie Deloitte mehr in Sachen Nachhaltigkeit erreichen kannst als anderswo? Ich denke jetzt auch noch mal an diese E-Mail, die du bekommen hast ganz am Anfang. Also da ist ein sehr motivierter Mensch, der sicherlich auch gerne deinen Job machen würde. Ja, hast du das Gefühl, du und er könnten Impact haben? Alexis: Ja, auf jeden Fall. Also ich glaube, der Vorteil in der Beratung ist natürlich, dass ich ganz viele Unternehmen sehe. Also ich habe jetzt drei Monate ein Projekt in einem Unternehmen, dann gebe ich denen ganz viele Ideen – wie vorhin beschrieben – eine Roadmap mit. So eine Roadmap, das sind vielleicht Umsetzungspläne für die nächsten anderthalb, zwei, drei Jahre. Und dann sind wir auch schon wieder beim nächsten Unternehmen und haben neue Fragestellungen und können denen weiterhelfen. Und somit sieht man sehr viel. Und das Gute bei Deloitte, glaube ich, wo wir wirklich stark sind, ist, dass wir die größte Professional Services Firma der Welt sind. Und das heißt, wir können sehr, sehr viele Dienstleistungen anbieten. Und wir können sozusagen von Anfang bis Ende – wir können die Transparenz schaffen über den Carbon Footprint eines Unternehmens. Dann können wir eine Strategie gemeinsam entwickeln, wie sie sich in Richtung Nachhaltigkeit aufstellen können. Wir können diese Strategie aber dann auch implementieren. Dann gibt es viele Systeme oder Softwares, wo wir Implementierungen machen können. Wir haben vorhin von Supplier Audits gesprochen – wir als Audit-Firma können natürlich auch solche Audits durchführen. Und dadurch glaube ich schon, dass wir bei Deloitte schon die Möglichkeit haben, wirklich extrem viele Aspekte abzudecken und unsere Kunden da extrem gut zu beraten von Anfang bis Ende. Und somit ist es auch für mich ein super, super Spielfeld, weil wir können einfach ganz viel erreichen. Und wir kommen selten – wir kommen eigentlich nie an die Grenze, wo wir sagen: „Leider tut uns das leid, das solltet ihr jetzt machen, aber da können wir nicht helfen.“ Weil ich persönlich kann es nicht, aber ich bin mir sicher, ich weiß, dass es bei Deloitte jemanden gibt, der dann weiterhelfen kann.Interviewer:in: Dann frage ich doch zum Schluss noch mal für alle Interessent:innen da draußen: Was für Qualifikationen muss man denn mitbringen, wenn man bei dir im Team arbeitet will? Alexis: Ja, also natürlich Neugier und ein gutes Studium ist immer gut. Gute Noten zu haben, Auslandserfahrungen sehen wir gern. Leute, die viel gemacht haben, sag ich mal – nicht „nur studiert“ haben, sondern auch viele Sachen nebenher gemacht haben oder auch Auslandspraktika gemacht haben. Und aufgeschlossene Menschen. Ich arbeite sehr gern einfach mit Leuten zusammen, die motiviert sind, die aufgeschlossen sind, die sich für neue Sachen interessieren, die auch mal die Extrameile gehen, weil jetzt ist es einfach spannend und jetzt muss es fertig gemacht werden. Und die einfach, ja, motiviert sind. Und sonst vom Studium her haben wir natürlich viele BWLer:innen, haben auch viele Wirtschaftsingenieur:innen oder Ingenieur:innen. Aber ich glaube, das sind gute Voraussetzungen, aber auch nicht einschränkend.Interviewer:in: Vielen Dank fürs Gespräch! Alexis: Danke dir!Outro: You got mail.
Lieber Alexis,echt spannend, welche Auswirkungen die neuen Regelungen zur Sustainable Supply Chain auf die deutsche, die europäische und die weltweite Wirtschaft haben. Und auch cool, dass du mit deinem Job in der Beratung so viel Positives bewirken kannst. Einen Job, wo ich mein Fachwissen wirklich für etwas Gutes einsetzen und gemeinsam mit Unternehmen globale Probleme bei der Wurzel packen kann, hätte ich auch gern. Danke für deinen Vortrag gestern und auch danke für deine ausführlichen Antworten. Ich denke, ich weiß, in welche Richtung es für mich nach dem Studium gehen wird.
Das war eine neue Folge von Re:Future. Re:Economy. In dieser Staffel geht es ganz um das Thema Nachhaltigkeit und darum, wie man mit dem richtigen Job einen wirklichen Impact in diesem Feld leisten kann – beispielsweise bei Deloitte, wo man wirklich etwas verändern kann, indem man Unternehmen hilft, die neuen Nachhaltigkeitsregularien umzusetzen oder Strategien für nachhaltiges Wirtschaften zu entwickeln oder sie in Sachen Finanzen oder Steuern berät.Neugierig geworden? Deloitte bietet fortlaufend unterschiedlichste Einstiegsmöglichkeiten. Das reicht von dualen Studiengängen über Praktika bis hin zum Festeinstieg. Schaut doch einfach mal vorbei auf job.deloitte.com. In der nächsten Folge blicken wir dann in die Zukunft. Wir wollen von Alexander Boersch, Leiter Research Deloitte Deutschland, wissen, wie es global mit unserer Wirtschaft weitergeht. Denn Alexander hat in seinem Job viel mit Konjunkturszenarien, dem Arbeitsmarkt und internationalen Beziehungen zu tun. Und er lässt viele Studien durchführen und kennt die makroökonomische Perspektive. Von ihm lasse ich mich mal aufschlauen. Also schaltet wieder ein zu einer neuen Folge Re:Future. Re:Economy – überall, wo es Podcasts gibt.
Die Transformation hin zu Nachhaltigkeit und Dekarbonisierung wird einiges kosten. Schadet sie also unserer Wirtschaft? Oder würde ein Festhalten am Status quo am Ende noch viel teurer? Das und vieles mehr haben wir Alexander Börsch gefragt. Er ist Chefökonom bei Deloitte und betrachtet die makroökonomische Seite der Nachhaltigkeit. Sein Fazit: Ohne die Transformation würde die Wirtschaft auf lange Sicht noch viel mehr leiden. Warum? Das erfahrt ihr in der sechsten Folge.
Re:Future. Re:Economy - Schadet die grüne Transformation der Wirtschaft?
Intro: You got mail. An Alexander Börsch, Chefökonom und Leiter Research Deloitte. Betreff: Geht unsere Wirtschaft den Bach runter? Lieber Alexander,ich mache mir Sorgen um den Klimawandel, aber ich mache mir auch Sorgen um unsere Wirtschaft. Wo wird es mit uns und unserem Wohlstand in den nächsten Jahren und Jahrzehnten hingehen? Sind wir als Gesellschaft schnell und innovativ genug, um nicht nur das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, sondern auch noch unsere Unternehmen so aufzustellen, dass sie weiterhin gut wirtschaften können? Und welche Knöpfe müssen wir heute schon drücken, damit wir in 20 Jahren nicht in die Röhre gucken? In deinem Job hast du ja viel mit Konjunkturszenarien, dem Arbeitsmarkt und internationalen Beziehungen zu tun und du lässt auch viele Studien durchführen. Ich habe das Gefühl, du kannst damit ein bisschen in die Zukunft blicken. Kannst du nicht ein paar deiner Erkenntnisse mit mir teilen? Interviewer:in: Ja, hallo Alexander, herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts Re:Future. Re:Economy mit dem Fokus auf dem Thema Nachhaltigkeit. Die Mail, die du da bekommen hast, die schickt dir ja einige Lorbeeren. Darum gleich mal die Frage: Sag mal, kannst du wirklich in die Zukunft gucken? Alexander: Ja, vielen Dank erstmal, dass ich dabei bin. Ich freue mich, da zu sein. Ich fürchte, das ist die erste Enttäuschung: Ich kann nicht perfekt in die Zukunft gucken. Was wir bei Deloitte Research allerdings machen, ist, wir machen Szenarien, wir machen Simulationen, wir machen Modelle, mit denen wir Trends analysieren, mit denen wir gucken, wie sich diese Trends in der Zukunft weiterentwickeln. Um zu gucken, was tut sich auf den Märkten, was tut sich im Unternehmensumfeld. Und das machen wir in ganz verschiedenen Bereichen. Das geht bei der Konjunktur los, geht bei Industriefragestellungen weiter. Da sind aber auch Themen dabei wie: Wie schaut der Arbeitsmarkt 2035 aus? Oder auch: Was sind die Kosten des Klimawandels? Interviewer:in: Das klingt, als würdest du sehr datenbasiert arbeiten. Wie ist es denn derzeit um die deutsche Wirtschaft bestellt und wie kommen wir denn in Sachen Grüne Transformation voran? Alexander: Ganz aktuell schaut es konjunkturell nicht wirklich gut aus. Also, wir haben jede Menge schlechter Nachrichten und die Wirtschaft leidet im Moment natürlich noch unter den Schocks der letzten Jahre: Corona, Energiekrise, Ukraine-Krieg. Das heißt, da sind wir konjunkturell in so einer gewissen Durststrecke. Dieses Jahr werden wir dann bestenfalls so eine Art negative Stagnation erreichen. Ich glaube, das Thema Grüne Transformation ist allerdings ein bisschen abgetrennt von den konjunkturellen Themen, weil es natürlich eher ein langfristiges und strukturelles Thema ist. Und da würde ich sagen, da passiert schon sehr viel – zum einen auf der politischen Ebene. Wir haben in den letzten Jahren gesehen, dass der Green Deal der EU einen großen Impact hatte. Viel, was auch in der deutschen Politik passiert ist. Wir sehen aber auch, dass die Unternehmen sehr aktiv bei dem Thema sind. Es geht bei nachhaltiger Finanzierung und nachhaltigem Investieren los, was zu einem sehr bedeutenden Teilmarkt geworden ist. Und wir sehen natürlich auch, dass sich die Unternehmen selbst dekarbonisieren wollen. Wenn man sie jetzt auf der volkswirtschaftlichen Ebene sieht, vielleicht auch mal eine gute Nachricht: Ich meine, wir kommen voran. Also, wir haben im Vergleich zu 1990 über ein Drittel der Emissionen reduziert und das gleichzeitig bei nach wie vor Wirtschaftswachstum. Und ich glaube, die wichtige Botschaft hier ist: Das grüne Wachstum, also Wachstum mit weniger Ressourcenverbrauch, ist durchaus möglich und wir sind in einem Prozess, in dem wir das auch sehen. Interviewer:in: Würdest du denn sagen, dass die Sorgen deines Mailschreibers berechtigt sind? Also, wird die deutsche Wirtschaft unter der Grünen Transformation leiden? Alexander: Also, ich glaube, es kommt sehr darauf an, wie man die Grüne Transformation durchführt. Davon wird natürlich sehr viel abhängen, weil ich glaube, über das Ziel sind sich alle einig: Wir müssen dekarbonisieren, wir müssen die Ziele des Pariser Klimaabkommens einhalten. Es ist dann natürlich die Frage: Wie kommen wir dahin? Und was wir aus volkswirtschaftlicher Sicht da immer, glaube ich, im Blick behalten müssen, ist, dass wir Kosten und Nutzen abwägen. Das heißt, wir müssen so viel wie möglich dekarbonisieren. Wir müssen aber auch gucken, dass wir das zu geringstmöglichen Kosten machen. Das heißt, wir müssen uns auf die Gebiete stürzen, wo das am vielversprechendsten ist. Ansonsten dürften die politischen Widerstände sicher zunehmen und das könnte das Wirtschaftswachstum beschädigen. Ich glaube allerdings, wenn wir es richtig machen, muss das absolut kein Schaden für die Wirtschaft sein. Es wird sicher Gewinner- und Verliererbranchen geben, es gibt Strukturwandel, aber wenn wir das gesamtwirtschaftliche im Blick haben, denke ich, hat es auch jede Menge Chancen. Interviewer:in: Jetzt hast du mich ja eingangs schon enttäuscht. Du hast gesagt, du kannst nicht in die Zukunft schauen. Aber ich würde trotzdem ganz gerne mal wissen, was für ökonomische Schäden und Chancen siehst du denn voraus? Oder was zeigen deine Studien in der Hinsicht auf? Alexander: Ich glaube, wenn man über die ökonomischen Schäden redet, muss man immer im Gedächtnis behalten, dass auch Nichtstun Konsequenzen hat. Und wir haben uns das mal in einer größeren Studie angeschaut. Da sieht man dann, dass, wenn wir den Zeithorizont wirklich sehr lange nach vorne nehmen, also bis 2070, dann sehen wir, dass der Klimawandel ökonomisch natürlich schädlich ist. Wir haben mehr Naturkatastrophen, wir haben eine niedrigere Produktivität. Das heißt, Deutschland alleine würde ungefähr 730 Milliarden Euro bis 2070 verlieren, wenn wir so weitermachen wie bisher, wenn wir in dieses 3-Grad-Szenario kommen, was natürlich keiner haben will. Das heißt, das ist eigentlich der Vergleichsmaßstab, von dem wir ausgehen müssen. Und wenn wir dann schauen, was müssen wir machen, um auf 1,5 Grad zu kommen, dann sehen wir, dass die Transformation nicht zum Nulltarif zu haben ist. Also, wir werden investieren müssen. Wir werden auch eine Weile niedrigeres Wirtschaftswachstum haben, als wir es ansonsten hätten – durch die Investitionen, durch die Abwertung des bestehenden Kapitalstocks. Wir sehen aber auch, dass es so einen Wendepunkt gibt. Und ab diesem Wendepunkt haben wir die Benefits durch Schäden, die nicht stattfinden, und durch ein höheres wirtschaftliches Nutzen. Und ich glaube, das ist wichtig, immer im Kopf zu behalten. Und wenn wir die konkreten Chancen anschauen, sind es, glaube ich, vor allem zwei, die sich daraus entwickeln. Das eine ist: Es wird neue Märkte geben. Und da ist natürlich die Frage: Wer ist da als erstes in diesen Märkten präsent? Und das zweite ist Innovation. Also, wir wissen ja, dass Innovation vor allem aus Notwendigkeit passiert. Und wir wissen: Der Klimawandel ist wahrscheinlich die größte Notwendigkeit, die wir im Moment haben. Das heißt, es wird Innovation geben, es wird Technologie geben. Und um da vorne mit dabei zu sein, ist es, glaube ich, extrem wichtig, in diese Bereiche zu investieren – von politischer Ebene, aber natürlich auch von Unternehmensebene, um Technologien zu entwickeln, um den Klimawandel zu bekämpfen. Interviewer:in: Jetzt bist du ja von Haus aus Ökonom. Welche Lösung gibt es denn – ich sag mal laut Lehrbuch – für so eine große Wirtschaftsumstellung? Also, was wären jetzt Hebel oder Knöpfe, die man ziehen oder drücken müsste? Alexander: Also, im Bereich des Klimas sind die Ökonom:innen sich überraschend einig. Also es gibt wahrscheinlich wenig Themen, wo so große Einigkeit herrscht. Und der wichtigste Hebel ist tatsächlich die Bepreisung von CO2. Aus ökonomischer Sicht ist das Thema einfach: Man kann CO2 emittieren, ohne die wahren Kosten zu tragen. Das ist genau so, wie wenn man giftige Abwässer in einen nahegelegenen Fluss leitet. Man trägt nicht die Kosten, die die eigene wirtschaftliche Tätigkeit produziert. Das heißt, CO2 braucht einen Preis. Wenn CO2 einen Preis hat, dann haben die Unternehmen und die Konsument:innen einen Anreiz, in CO2-ärmere Produkte zu investieren und haben Anreiz CO2-ärmere Produkte zu kaufen. Das heißt, das ist tatsächlich der hauptsächliche Hebel, um diese Transformation über Marktmechanismen ablaufen zu lassen. Und wir sind da in Europa eigentlich schon sehr weit, muss man sagen. Wir haben ein Emissionshandelssystem, das genau das macht. Also, es wird die Menge an CO2, die ausgestoßen werden darf, festgesetzt. Unternehmen müssen sich Zertifikate kaufen, damit sie CO2 emittieren dürfen – in einigen Sektoren. Und dieser Deckel wird dann immer weiter abgesenkt, um die Klimaziele zu erreichen. Das heißt, die Zertifikate werden teurer. Und das ist eigentlich so der Hebel, wo eigentlich alle Ökonom:innen sagen würden: Das macht sehr viel Sinn. Das verteuert CO2-reiche Produkte. Das verteuert fossile Energien. Und das ist sicher einer der wichtigsten Schritte, die wir zur Verfügung haben. Interviewer:in: Hältst du denn die Einführung von so einer CO2-Steuer auch auf globaler Ebene für realistisch? Du hast eben gesagt, wir sind in Europa oder wir sind in Deutschland schon relativ gut dabei. Aber was müsste denn passieren, dass sich diese Idee auch global durchsetzt? Alexander: Ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Punkt, weil der Klimawandel ist natürlich ein globales Phänomen. Das heißt, er muss auch global bekämpft werden. Und in einer idealen Welt hätten wir einen globalen CO2-Preis. Weil sobald wir Länder haben, die keinen CO2-Preis haben, versus Länder, die einen haben, heißt das natürlich: Die einen produzieren billiger als die anderen und haben Vorteile. Das heißt, das ist ein ganz, ganz wichtiges Thema, um den Klimawandel zu bekämpfen. Wir stehen bei diesem globalen CO2-Preis allerdings noch sehr am Anfang. Es gibt jetzt in der G7 eine neue Initiative, die einen Klimaclub gründen möchte. Und dieser Klimaclub soll einen CO2-Preis in den wichtigsten Wirtschaftsregionen der Welt etablieren. Wenn wir das schaffen, wäre das großartig. Wir haben im Moment noch sehr unterschiedliche Ansätze. Die USA haben beispielsweise keinen CO2-Preis – zumindest nicht auf nationaler Ebene, sondern nur in einigen Bundesstaaten. China ist jetzt nicht Teil der Initiative als größter CO2-Emittent. Von daher ist es noch ein langer Weg zu gehen, um dahin zu kommen. Aber ich denke, dass die Initiative schon mal sehr vielversprechend ist, dass das ganze Gewicht der G7 dahinter ist, dass es eine Task Force gibt und dass das Thema überhaupt mal auf den Tisch kommt und sehr prominent auf den Tisch kommt. Das ist, glaube ich, ein wichtiger Fortschritt. Was es in Europa jetzt gibt, um genau diese Wettbewerbsnachteile auszugleichen, das geht jetzt im Oktober los, ist ein Mechanismus, der sich CBAM nennt – eine Abkürzung, die man wirklich nur schwer erinnern kann. Aber es steht für Carbon Border Adjustment Mechanism. Und das heißt, dass ab Oktober über einen sehr langen Zeitraum bis 2034 wird ein System etabliert, in dem importierte Produkte den CO2-Preis an Europas Grenze quasi nachzahlen müssen. Man sagt: Die europäischen Unternehmen müssen CO2-Preis zahlen, dann müssen es auch die Importe machen, damit man so eine einheitliche Wettbewerbsbedingung hat. Das geht jetzt los als so eine Art Pilotprojekt. Ab 2026 wird es dann phasenweise eingeführt. Und das ist natürlich auch so eine Möglichkeit, um Importeure dazu zu bringen, CO2-neutraler zu produzieren. Interviewer:in: Und das bedeutet, sobald man dann als Unternehmen seine Waren in Europa vertreiben möchte, dann wäre man sozusagen an diesen Einfuhrzöllen gebunden. Was würde das dann aber bringen, wenn jetzt zum Beispiel – sag ich mal – ein chinesisches Unternehmen sagt: „Mensch, dann verkaufe ich meine Sachen eben nur noch in Australien oder eben nur noch in Südamerika oder so. Da leben auch ein Haufen Menschen, die meine schädlichen Produkte gebrauchen können.“ Also, kann das trotzdem ein Wirtschaftsnachteil sein? Alexander: Das kann sicherlich passieren. Und der Mechanismus ist genau der: Ein chinesischer Stahl wird importiert und man sagt, da ist so und so viel CO2 enthalten. Deswegen muss man quasi nachzahlen für diese Menge an CO2. Das chinesische Unternehmen kann sich sicher überlegen: Will ich nur noch nach Südamerika? Andererseits ist die Europäische Union natürlich einer der größten Märkte, die es gibt – vor allem natürlich auch für China. Von daher denke ich, würde man sich das zweimal überlegen. Allerdings, klar, es ist ein Risiko, dass manche Unternehmen sagen: Dann mache ich das nicht. Man will damit vor allem aber auch das Risiko minimieren, dass europäische Unternehmen sagen: Ich produziere woanders, weil ich hier Nachteile habe durch die CO2-Bepreisung. Interviewer:in: Wie sieht es denn in anderen Ländern aus? Gibt es Länder, von denen Deutschland schon lernen kann? Und gibt es besondere – ich sag mal – politische Strategien, die besonders gut funktionieren? Alexander: Also, ich glaube, es gibt jetzt nicht die Blaupause, an der man sich ausrichten kann. Vor allem deswegen, weil die Länder auch von ganz unterschiedlichen Startpunkten ins Rennen gehen. Wenn man Länder hat, die einen großen Rohstoffsektor haben, einen großen Mining-Sektor wie Australien oder Kanada, dann hat man es natürlich schwerer als Luxemburg, die vor allem Finanzindustrie haben. Ich glaube, was man natürlich schon lernen kann von anderen Ländern, ist, wie setzen die gewisse Maßnahmen um? Und da gibt es sicher ein paar Beispiele. Ich meine, wenn man sich anguckt, was sind so die Vorreiter in den Rankings zum Thema Klimaschutz? Da sind die skandinavischen Länder immer sehr weit vorne – Norwegen und Dänemark. Vor allem die, die früh auf erneuerbare Energien gesetzt haben, die eine sehr konsistente Klimapolitik machen, die natürlich auch die natürlichen Voraussetzungen haben – Stichwort Wasserkraft beispielsweise. Da kann man sicher einiges von lernen. Man kann von den USA lernen – von dem Inflation Reduction Act, der im Moment sehr, sehr intensiv diskutiert wird, wie man Förderung aufsetzt, die einfach ist, die ergebnisoffen ist und die wenig Bürokratie hat. Also, von den anderen Themen mal abgesehen vom IRA ist das sicher einer der großen Vorteile, wie er designt ist und wie einfach es für Firmen ist, die Gelder in Anspruch zu nehmen. Aber wo es auch den Firmen selbst überlassen wird, wie sie diese Ziele erreichen, wo wenig Technologie vorgeschrieben ist und wenig im Vorhinein reguliert wird. Und dann gibt es natürlich auch noch ganz andere innovative Themen. Beispielsweise ist es laut dem Paris-Abkommen durchaus gestattet, dass man CO2-Reduktion auch in anderen Ländern durchführt. Das heißt, die Schweiz hat zum Beispiel gesagt: „Naja, wir sind schon relativ weit auf dem Weg. Wir helfen jetzt Ländern im globalen Süden, ihre CO2-Emissionen zu reduzieren, und wir können uns das als Land anrechnen lassen.“ Es würden manche sagen, damit kauft sich die Schweiz frei. Ist, glaube ich, nicht so – vor allem deswegen, weil das natürlich zusätzliche Einsparungen sein müssen. Und da kann man sich natürlich überlegen: Kriegt man da für dieselbe Investition nicht mehr CO2-Ersparnis? Das heißt, ich glaube, man kann sich aus verschiedenen Ecken sehr viel abschauen, um zu gucken, was sind die Best Practices? Wie können wir das so effektiv wie möglich durchführen? Interviewer:in: Jetzt haben wir ja eben schon mal über Rohstoffe gesprochen und vielleicht sollten wir dann im nächsten Zug mal über Zielkonflikte sprechen. Also Deutschland ist ja beispielsweise in vielen Handelsbeziehungen zu Ländern, die nicht unbedingt immer nachhaltig agieren. Wir sind in Sachen Rohstoffen auch von autokratischen Staaten abhängig – gerade jetzt, in der Energiekrise. Politisch sind diese Handelsbeziehungen zu diesen autokratischen Staaten ja nicht unbedingt gewollt, aber gemacht wird es trotzdem. Wie gehst du damit um? Alexander: Ich glaube, das ist ein Dilemma, das hat man im internationalen Handel schon immer. Weil die Diskussion ist: Will man mit Autokratien oder Staaten, die die Menschenrechte nicht so beachten wie wir, will man mit denen Handel treiben? Die Hoffnung ist immer, dass durch Handel sich die Situation verbessert und der Wohlstand steigt. Was jetzt, glaube ich, passiert, ist, dass sich genau diese Frage noch mal verschärft. Weil wir sind – wie du sagst – von Rohstoffen aus vielen Ländern abhängig, vor allem um die Energiewende zu machen. Weil so ein Windrad baut sich ja auch nicht von selbst und der Elektromotor auch nicht. Das heißt, wir sind vor allem in diesen Bereichen sehr stark von anderen Ländern abhängig – sei es China für seltene Erden und viele andere Rohstoffe, sei es der Kongo für Kobalt. Die Lithiumproduktion findet auch nicht nur in Demokratien statt. Das heißt, da muss man, glaube ich, sehr pragmatisch mit umgehen. Weil man darf sich natürlich dabei auch nicht ins eigene Knie schießen, weil wir brauchen die Rohstoffe und wir brauchen den Handel. Ansonsten würden wir auf die Autarkie zurückfallen und könnten auch nicht nachhaltig werden. Aber es ist immer ein Balanceakt. Und wir sehen auch – vielleicht ist das auch noch mal wichtig zu erwähnen – die EU hat in ihren Handelsabkommen immer sehr, sehr detaillierte und umfangreiche Bestimmungen zu Umwelt und Menschenrechten, und das schon seit Jahren. Wir sehen eigentlich jetzt im Moment, dass die Länder des globalen Südens sich dagegen ein wenig wehren. Also, aktuell wird ein Handelsabkommen mit Südamerika verhandelt – Mercosur. Das wird eigentlich auch schon seit 24 Jahren verhandelt, wird jetzt aber noch mal deutlich wichtiger, weil in Südamerika viele Rohstoffe sind, die wir für die Energiewende brauchen. Nur hat jetzt auch kürzlich der brasilianische Staatschef gesagt, er möchte diese Umweltbestimmungen nicht in der Form haben, weil es ihn an grünen Kolonialismus erinnert. Das heißt, es ist eine sehr feine Linie, die wir da gehen. Wir versuchen natürlich, Länder zu etwas zu bringen, was sie von sich selbst nicht machen würden. Und von daher muss man da, glaube ich, sehr, sehr pragmatisch rangehen. Da gibt es, glaube ich, keine zeitübergreifenden Antworten. Wir müssen natürlich auch gucken: Was sind unsere Interessen? Interviewer:in: Im Hinblick auf die Rohstoffe, die du eben angesprochen hast, könnte ja auch die zirkuläre Wirtschaft so ein Rettungsanker sein. Einige Unternehmen machen das ja schon ganz gut. Beispielsweise ist Apple in Sachen zirkulärer Wirtschaft und der Wiederverwendung seltener Erden und Rohstoffe in ihren Produkten ganz weit vorne. Glaubst du, dass uns die zirkuläre Wirtschaft retten wird? Und kennst du vielleicht auch weitere Beispiele von Unternehmen, die es schon ganz gut machen? Alexander: Also, ich glaube tatsächlich, dass die zirkuläre Wirtschaft ein ganz, ganz wichtiger Bestandteil sein wird. Weil die zirkuläre Wirtschaft ist ja ein sehr umfassendes Konzept. Also, es geht natürlich auch um Recycling. Daran denken natürlich die meisten, wenn sie zirkuläre Wirtschaft hören. Es geht aber auch um viele andere Sachen. Es gibt neue „R“s für die zirkuläre Wirtschaft, geht von „reuse“, „recycle“, „refurbish“, „remanufacture“. Das heißt, da gibt es viel, um aus der zirkulären Wirtschaft ein System zu machen. Die meisten kennen sicher die Smartphones, die refurbished werden, aufbereitet und noch mal neu verkauft. Das ist sicher ein wichtiger Teil. Wir sehen in der Autoindustrie, dass Audi zum Beispiel einen geschlossenen Kreislauf für Aluminium designt hat – in Zusammenarbeit mit den Zulieferern, um Aluminium besser zu verwerten, dass man nicht so viel Primäraluminium braucht, sondern das aufbereitet wieder in die Kreisläufe zurückgibt. Das spart Ressourcen und spart natürlich dann damit einhergehend auch CO2. Es gibt andere Modelle, wo Lichthersteller ihre Lichtanlagen nicht verkaufen, sondern verleihen. Sie designen – das sind natürlich dann größere – sie mit dem Kunden designen, sie werden verliehen oder geleast. Dann gibt es auch noch Möglichkeiten, Lichtverbrauch zu monitoren, Strom zu monitoren. Das heißt, sie effizienter zu machen. Am Ende des Vertrags werden die Lichtanlagen zurückgenommen und werden wiederaufbereitet oder werden einfach quasi als Second-Hand noch mal neu auf den Markt gebracht. Das heißt, damit wird der Lebenszyklus verlängert – weniger Ressourcen, weniger CO2. Das ist, glaube ich, ein ganz wichtiger Punkt. Auch hier, weil wir eben über Zielkonflikte gesprochen haben, ist es aber auch wichtig zu gucken, dass diese neuen Trends nicht ganz einheitlich sind. Also, wir haben mal eine Studie zur zirkulären Wirtschaft gemacht. Da haben wir geschaut: Was sind die makroökonomischen Effekte und die CO2-Effekte? Man kann sehen: Global über die Lieferketten geht CO2 sehr, sehr deutlich zurück, wenn man sich das Potenzial anschaut. Man sieht allerdings auch, dass die CO2-Emissionen in Deutschland steigen würden – einfach deswegen, weil wir dann Rohmaterialien nicht mehr aus Chile beziehen, sondern wir würden sie in Deutschland aufbereiten. Dadurch entsteht natürlich wieder CO2. Das heißt, wir haben global einen sehr positiven Effekt. In Deutschland haben wir allerdings einen negativen Effekt. Und dann muss man halt gucken: Wie misst man CO2-Emissionen und was wollen wir eigentlich erreichen? Und das zeigt, glaube ich, ganz schön, dass es auch da kein Schwarz und kein Weiß gibt. Wir müssen gucken, wie wir am effektivsten da vorankommen. Interviewer:in: Wie optimistisch bist du denn, dass es da bald eine weltweite Einigung geben kann, wie wir im Auge des Klimawandels alle zusammen wirtschaften können? Alexander: Ich glaube, es wird sehr wichtig sein, dass wir auf zwei Ebenen den Klimawandel bekämpfen. Das eine ist sicher die globale Ebene. Da sehen wir natürlich auch, dass es sehr schwierig ist, 190 Länder zu einer einheitlichen Position zu kriegen, die sehr, sehr unterschiedlich sind – vom Wohlstandsniveau, von der Wirtschaftsstruktur, von den Interessen. Das heißt, ich glaube, da ist es wichtig, im Austausch zu sein – wie beispielsweise über die COP-Konferenzen, Best Practices zu teilen und soweit möglich wirklich einheitliche CO2-Preise anzupeilen und natürlich gemeinsame Standards zu haben – zumindest mal Mindeststandards. Ich glaube, das ist ein Teil der Antwort. Der andere ist: es liegt dann wirklich in Innovation und Technologie. Weil wir dürfen auch nicht vergessen, dass dieses Thema „Wir wachsen jetzt nicht mehr aus CO2-Gründen“ so denke ich nicht fliegen wird. Allein schon deswegen nicht, weil wir arme Länder davon nicht überzeugen werden. Wenn man wenig Zugang zu Wasser, Gesundheitsversorgung und so weiter hat, dann ist Wachstum essenziell wichtig. Das heißt, wir werden nach wie vor wachsen müssen. Wir müssen gucken, dass wir das mit so wenig Ressourcen wie möglich machen – also eben diese Entkopplung hinkriegen. Und da wird es wirklich wichtig sein, die Technologien zu entwickeln, die wir brauchen. Ich meine, wir haben einige davon, wir entwickeln einige davon. Und ich glaube, wichtig ist auch, dann sehr technologieoffen an das Thema ranzugehen und zu gucken: Was ist das Ergebnis dieser Technologien? Wie können sie uns helfen? Und nicht vielleicht schon im Vorhinein sagen oder beurteilen, welche Technologien jetzt funktionieren und welche nicht. Ich glaube, das wäre etwas, was ich wirklich dem Innovationswettlauf überlassen wollen würde.Ich glaube, wenn wir die beiden Sachen gut hinkriegen, sind die Aussichten nicht so schlecht. Wir müssen sicher auf dem Gas bleiben, aber wir haben auch schon einiges erreicht. Es bleibt sicher noch viel zu tun, aber die Voraussetzungen sind, denke ich, durchaus gegeben. Interviewer:in: Ich danke dir fürs Gespräch. Alexander: Danke dir. Outro: You got mail.
Lieber Alexander,danke für deine schnelle Antwort. Du hast mich echt beruhigt und erhellt. Dass die Wirtschaft nicht umzustellen mehr kostet, als sie umzustellen – nämlich ganze 730 Milliarden Euro. Das ist neben all den anderen Argumenten schon ein starker Punkt. Ich wusste auch nicht, dass sich die Ökonom:innen in Sachen CO2-Steuer so einig sind und dass CBAM schon so bald kommt und wieder einen solchen Impact haben wird, war mir ebenfalls neu. Vielen Dank dafür. Ich wusste, es war richtig, dir zu schreiben. Das war eine neue Folge von Re:Future. Re:Economy. In dieser Staffel geht es ganz um das Thema Nachhaltigkeit und darum, wie man mit dem richtigen Job einen wirklichen Impact in diesem Feld leisten kann – beispielsweise bei Deloitte, wo man wirklich etwas verändern kann, indem man Unternehmen hilft, die neuen Nachhaltigkeitsregularien umzusetzen oder Strategien für nachhaltiges Wirtschaften zu entwickeln oder sie in Sachen Finanzen oder Steuern zu beraten.Neugierig geworden? Deloitte bietet fortlaufend unterschiedlichste Einstiegsmöglichkeiten. Das reicht von dualen Studiengängen über Praktika bis hin zum Festeinstieg. Schaut doch einfach mal vorbei auf jobs.deloitte.com. In der nächsten Folge geht es dann um „Tech-Enabled Sustainability and Transformation“, kurz um Technik und Daten. Dann spreche ich mit dem Datenexperten Markus Götz, der mir erklärt, wie uns Technik zu mehr Nachhaltigkeit verhilft. Schaltet also wieder ein zu einer neuen Folge unseres Nachhaltigkeitspodcasts. Und wenn ihr keine Folge mehr verpassen möchtet, dann könnt ihr Re:Future. Re:Economy natürlich auch abonnieren – und zwar überall, wo es Podcasts gibt.
Wenn wir unsere Klimaziele noch erreichen wollen, brauchen wir mehr Tempo. Marcus Goetz, Partner im Bereich Advisory, ist überzeugt, dass Daten und IT-Systeme dabei eine entscheidende Rolle spielen. Denn mithilfe moderner Informationstechnologie lassen sich z.B. Ressourcen- und Energieverbrauch optimieren. Also alles eine Frage der richtigen IT-Systeme? Aber was ist mit dem Energieverbrauch von Hard- und Software? Marcus schaut in unserer siebten Folge genau hin und gibt Antworten.Hinweis: Die Folge wurde vor unserer Umstrukturierung aufgenommen, daher können im Gespräch unsere alten Businessbezeichnungen erwähnt werden. Marcus gehörte damals zum Bereich Risk Advisory. Die neue Bezeichnung ist nun Advisory.
Re:Future. Re:Economy - Kann Green IT unser Klima retten?
Intro: You got Mail! An: Marcus Goetz Partner Risk AdvisoryBetreff: IT, wie hältst du‘s mit der Nachhaltigkeit?
Interviewer:in (tippt): Hey Marcus, ich habe mir einige Folgen eurer Podcast Reihe RE: Future RE: Economy angehört. Als IT-Lehrerin bin ich aber auf diese Folge mit dir ganz besonders gespannt, denn ich weiß natürlich, dass digitale Tools helfen können, die Nachhaltigkeit zu managen. Aber was mich dabei besonders interessiert, ist die Frage nach der optimalen state of the art IT-Architektur. Also welche neueste Technik ein Global Player wie Deloitte nutzt und wie ihr euch auf einem Markt, der sich ständig verändert, auf den neuesten Stand bringen könnt. Kannst du mir dazu etwas erzählen?Außerdem habe ich noch eine große Frage: Kann sich IT eigentlich selbst amortisieren, also was überwiegt: Der negative Impact den IT-Infrastruktur als CO2-Emittent auf unser Klima hat oder der positive Impact, den sie für die Nachhaltigkeit leisten kann? Kannst du mir das sagen?
Interviewer:in: Ja hallo Marcus! Schön, dass du da bist!
Marcus: Hallo! Freut mich!
Interviewer:in: In den letzten Folgen haben wir schon viel darüber gehört, welchen Einfluss neue Entwicklungen und Innovationen auf die Nachhaltigkeit haben können. Jetzt bist du hier als IT-Experte bei mir im Studio. Deswegen an dich die Frage: Welche Rolle spielt dieser Bereich im Thema Nachhaltigkeit?
Marcus: Ja, die IT spielt eine entscheidende Rolle in der Förderung der Nachhaltigkeit auf verschiedene Weisen. Ich glaube, offensichtlich ist das Thema Ressourcennutzung ein Punkt. Als zweiten Punkt unterstützt die IT gerade das Thema Datenerfassung und -analyse, also die Erfassung großer ESG-Daten, um hier wirklich Schlüsse zu ziehen und Entscheidungen zu treffen. Da ist die IT ein sehr, sehr wichtiges Instrument. Und das dritte Beispiel wären nachhaltige Lieferketten. IT-Systeme ermöglichen die Verfolgung und Transparenz von Lieferketten – wo kommen Materialien her, werden gewisse Geschäftspraktiken eingehalten? Das sind nur ein paar Beispiele, wo man merkt, wie IT ein ganz wichtiger Unterstützer im Bereich der Nachhaltigkeit ist.
Interviewer:in: Was für Tools sind denn da besonders wichtig?
Marcus: Es gibt verschiedene Toolkategorien. Einerseits sind es die Big Data Analytics Lösungen, die wirklich zur Verarbeitung von großen Datenmengen verwendet werden, um Muster und Trends zu erkennen, die Umwelteinflüsse haben. Es gibt aber auch eine spezielle neue Art von Nachhaltigkeitsbewertungstools. Diese Tools helfen Unternehmen dabei, ihre Umweltauswirkungen und soziale Verantwortung adäquat zu messen und diese Ergebnisse an die verschiedenen Stakeholder zu reporten. Ein Beispiel wären auch die klassischen Carbon Accounting Lösungen, um Emissionen zu messen und zu berichten. Eine dritte Art von Tools ist das ganze Thema Energiemanagement Software. Diese ermöglicht Unternehmen, Energieverbräuche in Echtzeit zu überwachen und zu steuern – denken wir beispielsweise an Smart Buildings oder Smart Cities, die große Energieverbraucher sind. Es gibt aber auch andere Tools, wie Internet of Things oder Digital Twins, die helfen, Daten zu generieren und darauf basierend Analysen zu fahren.
Interviewer:in: Was sind denn typische ESG-Daten?
Marcus: Wenn man die drei Bereiche durchgeht: Klassiker bei Umweltdaten oder E-Daten sind CO2-Emissionen, Energieverbrauch, Wasserverbrauch und die Quote der Nutzung von erneuerbaren Energien, auch gewisse Umweltauswirkungen von Produkten, das alles sind klassiche Umwelt/Environmental Daten. Im sozialen Bereich, also die S-Komponente, geht es um Daten wie Mitarbeiterzufriedenheit, Gesundheit, Sicherheitsdaten, Gemeinwohl oder Gemeinwesen des ganzen Unternehmens und Arbeitsbedingungen, Datenschutz und alle Arten von Daten in diese Richtung. Beim G wie Governance geht es eher um Unternehmensstrukturen, Ethikrichtlinien, Korruptionsbekämpfung, Compliance-Daten und Offenlegungspraktiken. Das sind dann alles Beispiele für Daten aus diesem Governance-Bereich.
Interviewer:in: Ist es schwer, diese Daten zu sammeln?
Marcus: Ja, das ist eine der Hauptherausforderungen, die Unternehmen gerade haben. Es gibt verschiedene Herausforderungen: Datenverfügbarkeit und -qualität sind ein großes Thema. Hochwertige und zuverlässige ESG-Daten zu beschaffen, insbesondere von Dritten, also beispielsweise von der Lieferkette ist schwierig. Zum Beispiel von Zulieferern aus anderen Ländern oder wenn man Daten braucht von der zweiten oder dritten Lieferkette hinter dem Hauptlieferant, dann wird es schon sehr schwierig, die Daten vollständig und nicht veraltet zu bekommen. Andere Herausforderungen sind die Themen Standardisierung und Vergleichbarkeit von Daten. Auch wenn wir jetzt beispielsweise Emissionsdaten von zwei Unternehmen haben – einmal aus Japan und einmal aus den USA – da muss es nicht unbedingt sein, dass die CO2-Daten, die die Unternehmen melden, unbedingt vergleichbar sind. Das ist eben anderweitig auch so, dass teilweise noch nicht überall die Standards global definiert sind, um die ESG-Daten von Unternehmen immer vergleichen zu können. Und der dritte Herausforderungsbereich ist das Thema Datenschutz und Compliance, besonders bei sozialen Daten, also mitarbeiterbezogenen Themen. Hier gibt es komplexe rechtliche und operationale Herausforderungen, wenn ich diese Daten aus verschiedenen Ländern heraus sammeln muss. Wir merken, dass das für ein Unternehmen gerade viel Zeit und Ressourcen aufbraucht, um diese Datenprobleme zu lösen und aussagekräftige ESG-Berichte zu erstellen. Es ist entscheidend, dass sich Unternehmen gerade jetzt darauf fokussieren, ihre Datengrundlage in Ordnung zu bringen – ein Bereich, in dem wir als Deloitte viel beraten.
Interviewer:in: Das klingt auf jeden Fall total komplex. Die Voraussetzungen haben sich da auch geändert, könnt ich mir vorstellen, oder? Also wenn du dir deinen Job vor 10 Jahren anschaust und den Job von heute, da hast du wahrscheinlich mit ganz anderen Datenmengen zu tun. Wie reagiert ihr denn mit euren Beratungsangeboten bei Deloitte auf diese neuen Voraussetzungen?
Marcus: Ja, das hat sich in den letzten Jahren einiges getan. Wir beraten schon seit über 20 Jahren im Bereich ESG, aber das Thema, wie man Daten sinnvoll nutzen kann und wie man die neuen Technologien - beispielsweise im Bezug auf Big Data oder Künstliche Intelligenz nutzen kann - hat sich stark entwickelt. Dazu haben wir in den letzten Jahren ganz neue Beratungsangebote entwickelt, also beispielsweise speziell auch für den IT-Leiter, zum Beispiel führen wir für Unternehmen Digital Maturity Assesments durch und bewerten sozusagen, wie reif die IT-Landschaft zu diesem Zeitpunkt ist, um bestimmte ESG-Anforderungen abzudecken. Wir beraten Kunden im ganzen Bereich ESG-Datenmanagement, also wie können Unternehmen ESG-Daten in die Gesamtdatenstruktur des Unternehmens einbetten. Wir unterstützen Unternehmen bei der Auswahl der richtigen ESG-IT-Lösungen und auch im Bereich Green IT. Im Bereich Green IT geht es darum, wie Unternehmen die eigene IT-Umgebung dekarbonisieren können. Neben diesen klassischen Beratungsprodukten bauen wir auch starke Kompetenzen rund um die Lösungen unserer großen Softwarepartner auf, da diese Lösungen auch auf Kunden angepasst werden müssen. Wir haben also auch neue Teams, die sich auf Reportinglösungen, Lösungen zum Thema Circular Economy und Carbon Accounting spezialisieren, um unsere Kunden zu diesen neuen Softwareprodukten umfassend beraten zu können.
Interviewer:in: Kannst du mal kurz erklären, wie sich dein Job und auch der Job deiner Kolleg:innen dadurch ganz konkret ändert?
Marcus: Der Job ändert sich dahingehend, dass wir verschiedene Dimensionen zusammenbringen müssen. Wir merken immer mehr, dass sich jede:r klassische Nachhaltigkeitsberater:in noch mehr dem digitalen Datenthema annähern muss, dahingehend also auch die Angst verlieren muss, auch darüber mit Kunden zu sprechen. Wir merken aber auch, dass sich der/die klassische IT-Berater:innen immer mehr mit dem Thema ESG beschäftigen muss. Meine Rolle ist es, als Brückenbauer zu fungieren, um diese beiden Welten zusammenzubringen. So können wir bei unseren Kunden sowohl tiefe ESG-Kompetenz als auch tiefe IT-Kompetenz vertreten. Dafür haben wir bei Deloitte einen ESG Tech Hub aufgebaut, ein zentrales Team, das genau dieses Bindeglied zwischen ESG-Expertise und Technologieexpertise herstellt, um Kunden zum Thema ESG-Technologie Ende-zu-Ende beraten zu können.
Interviewer:in: Nachhaltigkeit kann ja auch ein Geschäftsmodell sein. Ich habe gehört, es gibt schon einige neue Start-ups, die ihre Geschäftsmodelle rund um Nachhaltigkeit und Daten aufgebaut haben.
Marcus: Ja, das ist vollkommen richtig. Es ist ein extrem lebhafter Technologiemarkt und ich bin jetzt auch schon länger in diesem Bereich tätig. Es sind sehr viele Start-ups in diesem Umfeld und viel Investorengelder in diesem System, um innovative Lösungen im Bereich der Nachhaltigkeit zu entwickeln. Der Klassiker ist Carbon Accounting, aber es geht auch in Richtung Biodiversität, Lieferkettentransparenz, Zirkularität oder Product Passport und so weiter. Es gibt sehr viele neue Unternehmen. Deloitte arbeitet mit vielen dieser Unternehmen zusammen, sowohl mit großen Partnern, wie Salesforce, SAP, AWS, Amazon, ServiceNow und Google mit denen wir langjährige Partnerschaften pflegen und diese um die Dimension ESG erweitern, als auch mit kleineren Start-ups wie, Circula oder Persefoni und vielen, vielen mehr. Diese Partnerschaften helfen uns, Lücken zu schließen und die Innovationskraft kleinerer Unternehmen zu nutzen.
Interviewer:in: Die Folge heißt ja auch „IT – Wie hältst du‘s mit der Nachhaltigkeit?“ Dieser Titel soll auch darauf anspielen, dass die Digitalen Tools zwar helfen, Nachhaltigkeit zu managen, aber die digitale Infrastruktur verbraucht gleichzeitig auch immense Energiemengen. Also sie machen glaube ich 4% der globalen CO2 Emissionen aus. Wie kann man mit diesem Widerspruch umgehen? Einerseits mit IT die Welt retten zu wollen, andererseits aber auch so ein großer Emittent zu sein?
Marcus: Ja, also das ist richtig. Die IT trägt signifikant dazu bei und das steigt auch stetig, deswegen ist dieser Widerspruch da. Aber der positive Effekt ist eben, wie in den letzten Minuten ausgearbeitet, dass es sehr viele Möglichkeiten gibt, wie die IT deutlich hilft, nachhaltige Geschäftspraktiken zu etablieren. Und es gibt viele, noch weiter zu entdeckende, Use Cases, die ohne IT nicht möglich sind. Natürlich gibt es auch eine Kehrseite: Die Herstellung von IT-Equipment und Elektronik geht mit erheblichen Umweltauswirkungen einher. Das darf man nicht verschweigen. Man darf auch nicht verschweigen, dass bei der Produktion giftige Chemikalien eingesetzt werden und dass der Betrieb von IT, insbesondere durch Rechenzentren, mit einem enorm hohen Energieverbrauch verbunden ist. Wenn diese Rechenzentren mit grünem Strom betrieben werden, ist das eine andere Geschichte, aber das ist nicht global gegeben. Hinzu kommt, dass für die Produktion von IT-Hardware seltene Erden abgebaut werden. Dazu gibt es ja auch genug Berichte über gewisse Abbaupraktiken, also da gibt es schon auch eine große Kehrseite.
Aber insgesamt überwiegen die Vorteile aus meiner Sicht eindeutig, wenn man die IT klug einsetzt, um nachhaltige Praktiken zu fördern. Wenn man also versucht, zum Thema Green IT, Rechenleistungen in die Cloud zu verlagern, weil eben die Cloud Anbieter zum großen Teil mittlerweile alles mit Grünstrom betreiben. Man kann auch über das Thema Green Coding nachdenken, also die neuen Programme aus Nachhaltigkeitsgesichtspunkten neu gestalten. Und wenn man all diese Themen berücksichtigt, dann ist das Pro für IT ganz klar im Übergewicht aus meiner Sicht. Natürlich ist das schon so, dass heute noch viele Applikationen und Aktivitäten, sogenannte On-Premise in alten Rechenzentren der Unternehmen abgewickelt werden und jetzt hier durch das attraktive Angebot der Cloud Anbieter sehr viel Rechenleistung in die Cloud gehoben wird, da die Cloud Anbieter zum größten Teil grüne Rechenzentren betreiben und dadurch auch direkt der Carbon Footprint für dieses Unternehmen verringert wird.
Interviewer:in: Wie ist denn deine persönliche Einschätzung? Überwiegt der Nutzen der digitalen Tools oder die Kosten für unsere Gesellschaft?
Marcus: Meine Einschätzung ist, dass sich das langfristig amortisieren wird. Natürlich geht es immer darum, eine Kosten-Nutzen-Analyse durchzuführen. Es kommt immer auf die Art der Implementierung an, also was für ein IT-System implementiere ich in der Branche und welche Nachhaltigkeitsziele verfolge ich. Es gibt also verschiedene Faktoren, die man abwägen muss, aber was wir bisher im Markt sehen, da überwiegen hier ganz klar die Vorteile der langfristigen Nutzung.
Interviewer:in: Im Digitalen überholen sich Innovationen ja förmlich immer selbst, es gibt ständig etwas Neues. Wie bildest du dich in deinem Job weiter? Welche Entwicklungen findest du besonders vielversprechend?
Marcus: Ja, also in meinem Job, was natürlich auch ein Privileg ist, arbeiten wir als Deloitte auch mit sehr vielen großen Research-Firmen zusammen, das heißt, wir machen auch regelmäßige Briefings für unsere Team Global von den ganzen, Technologieanalysten, um auch Trends sofort mitzubekommen. Ich selbst halte auch engen Kontakt mit vielen Technologieunternehmen, also ich spreche mindestens einmal pro Woche mit einem ESG-Unternehmen oder -Start-up und da bekommt man ja auch sehr viel mit aus dem Ökosystem, was passiert. Hilfreich sind auch Konferenzen und Messen. Es gibt hier ganz spezifische Konferenzen, beispielsweise das Greentech Festival in Berlin oder Digital GreenTech dieses Jahr glaube ich im Oktober in Karlsruhe und da gibt es eben damit auch spezielle Konferenzen, die wirklich in der Schnittstelle zwischen Nachhaltigkeit und IT stattfinden. Was ist vielversprechend in dem Fall? Also ich finde schon, dass dieses ganze Thema Sustainability, also Nachhaltigkeit jetzt immer mehr in den Kern der unternehmerischen Prozesse vorrückt und dass sämtliche unternehmerische Abläufe jetzt von mehreren Seiten beleuchtet werden.Da sind wir ganz klar im Trend, dass das für Unternehmen immer wichtiger wird, „grün“ zu agieren. Und vielversprechend ist aus meiner Sicht der Einsatz von KI. Jetzt haben wir gerade den großen GenAI Hype und das ist erst die Oberfläche der Möglichkeiten an AI-Lösungen, die in vielen Bereichen helfen. Auch wir als Deloitte machen beispielsweise Vorhersagen von Buschbränden mit KI-Möglichkeiten und das ganze Thema Ressourcennutzung haben wir schon angesprochen, also da gibt es auch viele Möglichkeiten, wo glaube ich die KI wirklich für Durchbrüche hoffentlich sorgt. Wichtig ist aber auch, noch mal zu erwähnen, dass natürlich auch andere technologische Lösungen wichtig sind, um die gewisse Technologielücke zu schließen, die viele Unternehmen im Moment noch sehen.Es ist im Moment so, dass wenn ich über Dekarbonisierungsmaßnahmen nachdenke, die nächsten 10 bis 15 Jahre relativ gut vorhersehbar sind mit den Technologien, die ich heute zur Verfügung habe. Aber was eben danach kommt, da gibt es Unsicherheiten. Da bieten wir als Deloitte einen Service an, der nennt sich GreenSpace. GreenSpace hilft Unternehmen, diesen Horizont zu beobachten, also was tut sich denn im Bereich der Bautechnologien, im Bereich Carbon Management, im Bereich Transportwesen, im Bereich Grüne Energie? Was sind neue Technologiearten, die entstehen? Was sind vielversprechende neue Startups, die entstehen? Das hilft den Unternehmen, früh dabei zu sein, um diese Technologieinnovation zu nutzen, um die Dekarbonisierung des eigenen Unternehmens voranzutreiben.
Interviewer:in: Ich danke dir für‘s Gespräch.
Marcus: Sehr gerne.
Interviewer:in (tippt): Hey Markus, danke für deine Erklärungen. Ich selbst habe auch großes Vertrauen in die Möglichkeiten der Digitalisierung und bin deswegen besonders froh zu hören, dass auch du so hoffnungsvoll bist. Gleichzeitig danke ich dir auch für deine ehrlichen Antworten, denn ich hadere auch immer selbst damit, dass der Energieverbrauch für die Produktion, die Instandhaltung, ja und für den Betrieb von IT-Lösungen so hoch ist.Mir beschert das schon die ein oder andere unruhige Nacht ehrlich gesagt. Übrigens halten mich auch nachhaltige IT-Lösungen und grüne IT-Startup-Ideen wach, aber das ist eine ganz andere Sache. Vielleicht können wir ja bei Gelegenheit mal gemeinsam darüber fachsimpeln.
Outro: Das war eine neue Folge von Re:Future. Re:Economy. In dieser Staffel geht es ganz um das Thema Nachhaltigkeit und darum, wie man mit dem richtigen Job einen wirklichen Impact in diesem Feld leisten kann, beispielsweise bei Deloitte, wo man wirklich etwas verändern kann, indem man Unternehmen hilft, die neuen Nachhaltigkeitsregularien umzusetzen oder Strategien für nachhaltiges Wirtschaften zu entwickeln oder sie in Sachen Finanzen oder Steuern berät.Neugierig geworden? Deloitte bietet fortlaufend unterschiedlichste Einstiegsmöglichkeiten. Das reicht von dualen Studiengängen über Praktika bis hin zum Festeinstieg.Schaut doch einfach mal vorbei auf job.deloitte.com.
In der nächsten Folge geht es dann um Zero Grading und um die Frage, wie man Unternehmen wirklich auf Zero Emissionen bringen kann.Ich frage mich: Geht das auch bei energieintensiven Wirtschaftsformen wie etwa der Stahlindustrie? Und wie lange dauert das?Laura Heusch von Deloitte weiß die Antworten. Schaltet also wieder ein zu einer neuen Folge Re:Future. Re:Economy. Überall, wo es Podcasts gibt.
Net Zero, Dekarbonisierung, Zerograding – viele Begriffe, die alle das gleiche Ziel beschreiben: den CO2-Ausstoß möglichst auf Null zu bringen. Aber kann das überhaupt gelingen? Welche Branchen stehen hier vor den größten Herausforderungen? Wie sehen die politischen Zielsetzungen bisher aus? Laura ist CFO in der Deloitte Sustainability & Climate GmbH und hat die Antworten.
Re:Future. Re:Economy: Zerograding – machbar oder utopisch?
Intro: You got mail. An Laura Heusch, CFO Deloitte Sustainability and Climate GmbH.Betreff: Zero Grading - Machbar oder utopisch? Liebe Laura,vielleicht erinnerst du dich. Wir haben uns vor ein paar Tagen auf dem Netzwerkevent in Berlin kennengelernt. Du hast mir von eurem Deloitte-Unternehmen erzählt, das ausschließlich für Nachhaltigkeit zuständig ist. Da ich selbst über Sustainability-Themen schreibe, wollte ich dich fragen, ob du mir mehr zum Thema Zero Grading erzählen kannst. Von der Reduktion der CO2-Emission hört man ja sehr viel, aber dieser Ansatz, die Emissionen komplett zu streichen, ist mir neu und super spannend.Ich frag mich allerdings, ob es wirklich realistisch ist, eine Industrienation wie Deutschland komplett dekarbonisieren zu können. Machen große Unternehmen sowas mit? Können sie das überhaupt? Wie wollt ihr sie als Beratung davon überzeugen und welche Rolle spielt die Politik bei so einer Herausforderung?Oft kommen mir diese Transformationsprozesse so groß vor, dass ich Schwierigkeiten habe, mir die konkrete Umsetzung vorzustellen. Eine Nachhaltigkeitsexpertin wie dich fragen zu können, freut mich daher sehr. Also, was meinst du: Ist Zero Grading wirklich machbar oder schlichtweg eine Utopie?
Interviewer:in: Ja, hallo Laura, schön, dass du da bist. Letztes Mal ging es im Podcast ja um die Zusammenhänge von Nachhaltigkeit und IT. Heute geht es wieder um Nachhaltigkeit, allerdings um einen ganz anderen Aspekt. Wir wollen mal über Zero Grading sprechen. Die Mail, die du da bekommen hast, die zeigt ja schon: Es gibt zur Dekarbonisierung der deutschen Industrie viele offene Fragen. Bist du in deiner Position oft mit derartiger Neugier konfrontiert? Laura: Ja, hi erst mal. Tatsächlich bin ich sehr häufig mit dieser Art Neugier konfrontiert. Das ist eine der ganz zentralen Fragen, um die sich meine Arbeit bei Deloitte dreht. Die ganze Welt schaut nach Deutschland, ob wir erfolgreich unsere Klimaziele erreichen und damit verbunden uns die Industrietransformation gelingt und dann hoffentlich alle nachziehen werden. Und das ist eine Riesenchance, die so auch noch nie da gewesen ist. Aber natürlich lastet damit auch ein enormer Druck auf einem Großteil unserer Kunden, die wir beraten. Und wir möchten unsere Kunden natürlich bestmöglich dabei unterstützen, erfolgreich die Transformation zu Net Zero zu meistern und beschäftigen uns daher sehr viel mit dem Thema – so sehr sogar, dass extra dafür eine Deloitte-eigene Tochtergesellschaft gegründet wurde, die Deloitte Sustainability and Climate GmbH.
Interviewer:in: Du arbeitest ja als CFO bei der eben genannten Deloitte Sustainability and Climate GmbH, kurz DSC. Wir müssen es ja nicht komplizierter machen, als es ist. Wie genau sieht deine Arbeit denn da aus?
Laura: Meine Aufgabe ist in erster Linie, unsere Sustainability- und Climate-Projekte zu tracken. Das heißt, ich schaue mir täglich an, ob die Zahlen auf den Projekten, die wir bereits gewonnen haben, stimmen und pflege auch die Pipeline von Projekten, die wir hoffentlich gewinnen werden. Um ein konkretes Beispiel zu nennen, wie man sich die Pipelinepflege so vorstellen kann: Ich schaue gemeinsam mit Kolleg:innen, die das Proposal schreiben – also Deloitte als potenziellen Berater beim Kunden ins Rennen bringen –, was es braucht, damit wir uns von der Konkurrenz absetzen können. Das geht dann meist über unsere Qualifikation und über das Wissen, das wir aus bisherigen Projekten gewonnen haben. Die können wir dann einfach als Referenz angeben. Um ein Beispiel zu nennen, wie ich bereits gewonnene Projekte tracke: Ich gucke mir konkret die Margen an, die wir mit dem Projekt generieren. Und damit geht natürlich einher die Aufgabe der personellen Besetzung auf den Projekten. Das Team, also wie die Projekte besetzt sind, spielt natürlich eine enorme Rolle für den Projekterfolg.Ich bin aber auch sehr viel in verschiedenen Gremien unterwegs und beschäftige mich mit Investments, die wir innerhalb von Deloitte im Sustainability- und Climate-Bereich tätigen. Man kann die DSC, wie du ja eben schon gesagt hast, auch als junges Start-up denken, das natürlich die Sicherheit eines großen Unternehmens mit sich bringt – als Tochtergesellschaft von Deloitte. Aber hier gibt es halt allerhand zu tun, und es macht wirklich Spaß, weil es jedem, auch mir als Teil des Leadership-Teams, die Möglichkeit gibt, hier mitzugestalten.
Interviewer:in: Die DSC gibt es ja jetzt erst seit Januar 2023. Wieso war denn diese Ausgründung eigentlich wichtig? Also, was kann die DSC erreichen, was Deloitte alleine nicht erreichen kann?
Laura: Die Ausgründung war wichtig, da es die Nachfrage ganz klar am Markt gab. Viele unserer Kunden – und das auch industrieübergreifend – suchen nach Unterstützung, um die Transformation erfolgreich zu meistern. Und unser Beratungsansatz in der DSC kennzeichnet sich dadurch aus, dass das Zusammenspiel von Fachwissen und Strategieberatung essentiell ist. Wir rekrutieren nicht nur die Leute, die die klassischen Berater:innen-Skills mitbringen, sondern auch Leute, die bereits Fachwissen im Sustainability- und Climate-Umfeld haben. Was wir dann machen, ist dieses Zusammenspiel in den Projektteams zu bündeln. Und so stellen wir dann sicher, dass wir Fachwissen und Know-how zum Kunden bringen.
Interviewer:in: Ihr seid also, um das mal in ein Bild zu fassen, so eine große Nachhaltigkeitskrake, die so auf Deloitte oben drauf sitzt und mit ihren Armen in alle möglichen Bereiche hineinreicht und die Nachhaltigkeitsaktivitäten verknüpft und bündelt. Kann man das so sagen? Laura: Cool, also Nachhaltigkeitskrake habe ich so noch nie gehört, aber ja, genauso kann man das sagen. Tatsächlich ist es aber so, dass wir als DSC nicht abgeschottet von dem Rest der Deloitte-Welt arbeiten, sondern vielmehr Projekte gemeinsam abarbeiten. Und wir als DSC gehen dann eben als Klimastrateg:innen rein, wohingegen die anderen Deloitte-Kolleg:innen dann vielleicht gewisses Industriewissen aufgrund von Vorerfahrung beim Kunden mitbringen. Und wie du eben sagtest, gibt es die DSC erst seit Januar diesen Jahres. Aber wir konnten schon einige große Projekte an Land ziehen und uns so innerhalb der Deloitte-Welt behaupten. Und da wird natürlich genau hingeschaut – und nicht nur innerhalb Deutschlands. Ich bin zuversichtlich: Wenn unsere Success Story so weiterläuft, kann es gut sein, dass das DSC-Konzept auch global ausgerollt wird.
Interviewer:in: Jetzt kommen wir noch mal auf das Thema Dekarbonisierung zurück, also auch das Thema, das ja in der E-Mail am Anfang schon angeschnitten wurde. Die Wirtschaft auf Net Zero zu bringen – das ist das Ziel, auch politisch. Manche Unternehmen tun sich damit leichter, manche tun sich damit schwerer. Das haben wir auch schon in den anderen Folgen des Podcasts gelernt. Wie genau unterstützt ihr denn jetzt Unternehmen dabei, sich zu Zero graden? Also, welche Ziele verfolgt ihr genau? Wer arbeitet mit welchen Skills bei euch? Wie kriegt ihr das hin, dass Unternehmen wirklich im Endeffekt auf Net Zero landen? Laura: Einmal vorweg: Zero Grading ist ein Deloitte-eigener Begriff, den wir so in der DSC GmbH erfunden haben und der im Grunde nichts anderes sagt, als das Ziel Net Zero zu erreichen – also dass ein Unternehmen den CO2-Fußabdruck auf netto null fährt. Wie wir genau Unternehmen dabei unterstützen, zu Zero graden, ist ganz sektorspezifisch und unterscheidet sich je nachdem, in welcher Branche der Kunde aktiv ist. Dazu hat Deloitte auch schon sehr viel veröffentlicht. Es gibt viele Paper zu verschiedenen Dekarbonisierungspfaden der verschiedenen Industrien. Zum Beispiel sieht der Dekarbonisierungspfad in der Stahlindustrie ganz, ganz anders aus als in einer Industrie, die weniger energieintensiv ist. Außerdem haben wir den Riesenvorteil, dass wir nicht nur privatwirtschaftliche Unternehmen beraten, sondern auch die Bundesregierung direkt. Somit verstehen wir wirklich die Gesetzgebung, die Vorgaben und Richtlinien, die da in der Politik gemacht werden. Dieses Wissen und Verständnis können wir wiederum direkt beim Kunden einsetzen. Dieses Wissen, das wir uns da angeeignet haben, plus unser sektorspezifisches Know-how ermöglicht es uns, den Kunden – egal in welcher Branche sie aktiv sind – ideal beraten zu können.
Interviewer:in: Seit Jahren beschäftigt sich ja jetzt die Gesellschaft, die Wirtschaft und die Politik schon mit dem Thema Reduzierung von CO2-Emissionen. Kannst du mit all dem Know-how, das du eben angesprochen hast, sagen, wo es derzeit noch ganz besonders viel zu tun gibt? Laura: Ja, an sich ist der Weg klar vorgegeben. Wie genau, kann man zum Beispiel in dem Paper vom Thinktank Agora Energiewende sehen. Die haben für Deutschland Dekarbonisierungsstrategien entwickelt. Also kann man eigentlich davon ausgehen, dass die Unternehmen wissen, was sie tun müssten. Aber es passiert aktuell einfach zu wenig. Da sind die Unternehmen aber nur zum Teil selbst schuld. Obwohl es ja Vorgaben der Politik gibt, müssen hier Möglichkeiten geschaffen werden. Um einmal ein Beispiel zu nennen, wo es noch einiges zu tun gibt – und das ist vermutlich seit der Haushaltssperre das aktuellste Thema in Deutschland – ist die Finanzierung. Aber auch abgesehen davon ist ein heiß diskutiertes Thema, wo es noch massiv hakt, der Ausbau des Wasserstoff-Netzwerks. Das tangiert einfach sehr, sehr viele Unternehmen. Aber um jetzt nicht in die Schleife von Negativbeispielen zu geraten: Man muss auch mal sagen, dass schon sehr viel Positives passiert ist. Zum Beispiel denke ich da gerade an die Umstellung des Finanzsystems. Aber klar ist, dass die Politik weiterhin als Supporter benötigt wird.
Interviewer:in: Du hast ja vorhin schon eine Branche genannt, die sehr schwer zu Zero graden ist, nämlich die Stahlindustrie. Es gibt sicher noch andere Branchen, die ähnlich schwierig sind. Wie ist denn da deine Einschätzung: Können überhaupt alle Branchen ihre Emissionen auf null fahren? Laura: Ja, das ist definitiv möglich. Aber es gibt ja diese sogenannten Hard-to-abate-Sektoren, also das sind die Sektoren, die besonders wichtig sind zu dekarbonisieren sind. Und da schaut natürlich auch das globale Umfeld genau hin, wie wir das schaffen.
Interviewer:in: Und woran hakt es denn dann, wenn doch noch nicht alle Unternehmen beziehungsweise Branchen ihre Klimaziele erreichen? Laura: Ja, dafür gibt es tatsächlich mehrere Gründe. Es müssen zum einen die Möglichkeiten und auch der regulatorische Rahmen geschaffen werden. Aber zum Teil hakt es auch einfach bei den Unternehmen selbst noch. Zum Beispiel sind einige Unternehmen physischen Risiken ausgesetzt. Ich denke jetzt zum Beispiel an die Flut im Ahrtal oder auch an Temperaturerhöhungen und damit verbundenen Waldbränden. Und diese physischen Risiken sind akut, also kurzfristig viel dringlicher als die Transformationsrisiken selbst. Und daher handeln betroffene Unternehmen oftmals nicht.Viele Unternehmen sagen aber auch, dass sie das gar nicht mehr tangiert, da viele physische Risiken sich erst in x Jahren materialisieren werden. Und andere Unternehmen wiederum haben ihr Kapital in Anlagen sitzen, die es in der Form nicht in einer transformierten Welt geben wird. Damit sind ihnen natürlich die Hände gebunden, jetzt aktiv zu werden. Und was man leider auch sagen muss: Einigen Unternehmen ist es einfach noch nicht ganz klar, wie wichtig das ganze Thema ist.
Interviewer:in: Jetzt ist es ja aber doch so, dass Unternehmen eine immense Verantwortung haben. Also sie sind ja häufig sehr, sehr starke Emittenten und haben eigentlich auch eine größere Verantwortung als der Otto-Normalverbraucher, der natürlich auch eine Verantwortung hat für seinen eigenen Konsum. Aber er hat natürlich keine Handhabe, wie die Produkte, die er konsumiert, hergestellt werden. Was glaubst du denn: Ist es wirklich möglich, Net Zero zeitnah und flächendeckend umzusetzen, wenn es doch so viele – ich sag mal – „gute Gründe“ in Anführungszeichen für Unternehmen gibt, sich darum nicht zu kümmern?
Laura: Ja, auf jeden Fall ist das möglich. Und auch hier muss man einmal sagen: Die Bundesregierung hat ja auch das ganz klare Commitment dazu abgegeben. Im Bundesklimaschutzgesetz ist wirklich festgelegt, dass wir bis 2045 Klimaneutralität erreichen müssen. Und ich denke, da sind wir auch auf ganz gutem Wege bisher.
Interviewer:in: Am Anfang haben wir ja ganz kurz über deinen Job gesprochen. Und auch im Gespräch klang ja immer wieder an, dass es wirklich viele Menschen mit ganz unterschiedlichen Skills in allen möglichen Bereichen braucht, um Nachhaltigkeit in Unternehmen voranzubringen. Was für Menschen brauchst du denn gerade ganz konkret in deinem Team? Laura: Also ganz wichtig ist natürlich Motivation und dass einem das Thema Klima am Herzen liegt. Skills und Fachwissen kann man sich aneignen, und da bieten wir auch sehr, sehr coole Trainings an. Als kurze Side Note: Mein persönliches Highlight war vor einigen Wochen in unserer sogenannten Sustainability and Climate Learning Week ein Gespräch zwischen unserem CEO und Jane Goodall, der Verhaltensforscherin von Schimpansen, zum Thema Nachhaltigkeit und Value Creation in Unternehmen. Es schadet natürlich nicht, beides mitzubringen – also Fachwissen und die Berater:innen-Skills. Und auch besonders in den höheren Ranks ist das oftmals Grundvoraussetzung. Wichtig ist uns aber auch ganz klar der Personal Fit. Wir sind ja noch ein sehr junges und kleines Unternehmen. Da ist uns wichtig, dass man wirklich ein cooles Umfeld hat. Und bewerben kann man sich auch direkt über unsere Deloitte-Website. Dort sind Stellen ausgeschrieben im Sustainability- und Climate-Bereich.
Interviewer:in: Und ist das auch was für Quereinsteiger:innen? Laura: Auf jeden Fall.
Interviewer:in: Ich danke dir fürs Gespräch.
Laura: Vielen Dank.
Outro: You got mail.
Liebe Laura,danke für deine ausführliche Antwort. Dass du an die Dekarbonisierung aller Industriezweige glaubst, stimmt mich hoffnungsvoll. Ich nehme mit: Zero Grading ist keine Utopie, aber es muss sehr, sehr gut vorbereitet sein und hängt von Wohlwollen verschiedener Akteure und vom politischen Willen ab. Ich hoffe, wir kriegen das alles wirklich noch rechtzeitig hin. Die Politik und die Wirtschaft müssen da wirklich Hand in Hand gehen. Danke und bis bald beim nächsten Netzwerkevent. Dann will ich unbedingt wissen, was der neueste Stand in Sachen Dekarbonisierung ist.
Das war eine neue Folge von Re:Future. Re:Economy. In dieser Staffel geht es ganz um das Thema Nachhaltigkeit und darum, wie man mit dem richtigen Job einen wirklichen Impact in diesem Feld leisten kann – beispielsweise bei Deloitte, wo man wirklich etwas verändern kann, indem man Unternehmen hilft, die neuen Nachhaltigkeitsregularien umzusetzen oder Strategien für nachhaltiges Wirtschaften zu entwickeln oder sie in Sachen Finanzen oder Steuern berät.Neugierig geworden? Deloitte bietet fortlaufend unterschiedlichste Einstiegsmöglichkeiten. Das reicht von dualen Studiengängen über Praktika bis hin zum Festeinstieg. Schaut doch einfach mal vorbei auf job.deloitte.com. Die nächste Folge wird dann schon die letzte Folge dieser Staffel sein. Darum gönnen wir uns dann ein Wrap-up der Reihe: Was haben wir gelernt? Wie geht es jetzt weiter? Welche Maßnahmen haben den größten Impact für mehr Nachhaltigkeit? Und wie kommen wir mit unserer Wirtschaft jetzt möglichst schnell voran? Lydia Eckhard, Managing Director der Deloitte Sustainability and Climate GmbH, fasst für uns noch einmal alles zusammen. Schaltet also wieder ein zu einer neuen Folge Re:Future. Re:Economy – überall, wo es Podcasts gibt.
Wir haben unsere Antworten auf die wichtigsten Fragen zusammengefasst.